Unbekannter Partner vis-à-vis

1963 verband eine Eisbrücke die Seegemeinden Arbon und Langenargen. Seither pflegen sie eine Städtepartnerschaft. Mit zwei lange erstrittenen Schiffsverbindungen sorgt die Kursschifffahrt, dass diese auch im Alltag gepflegt werden kann.

Am Horizont über dem gewölbten See sieht man sie abends aus dem Dunkeln glitzern: die Lichter des Hafenstädtchens Langenargen. Und an sichtigen Tagen stechen die markanten Umrisse des Schlosses Montfort mit seinen maurischen Stilelementen im Westen der Silhouette ins Auge.

Auch römische Spuren

Wie Arbon hat auch Langenargen sein Schloss – neben dem Rathausplatz eines der Wahrzeichen. Neuere Funde lassen darauf schließen, dass die Landzunge zwischen den Zuflüssen Argen und Schussen, also auch das Gebiet gegenüber dem Arboner Kastell-Brückenkopf, von den Römern besiedelt worden war.

Öffentlich zugängliche Ufer

Eine weitere Gemeinsamkeit ist heute noch, dass große Teile des Seeanstossgebietes öffentlich zugänglich sind. Die Partnergemeinde über dem See ist aber den meisten Arbonern wenig bekannt – im Gegensatz zu Friedrichshafen (via Fähre ab Romanshorn), Meersburg und Lindau. Dabei besteht seit der Seegfrörni 1963 eine Städtepartnerschaft. Damals verband eine geschlossene Eisdecke Arbon und Langenargen. Sie war eine Brücke für Hunderttausende, die zwischen den Ufern pendelten. Seither statten die Behörden einander alljährlich Besuche ab.

Zweimal direkt mit dem Schiff

Ansonsten waren die Besucherströme gering, was bis vor kurzem mit der umständlichen Erreichbarkeit zu tun hatte, wenn man nicht gerade mit dem Velo um den Bodensee unterwegs war.

Lange war für eine Querverbindung per Schiff gekämpft worden. Heute gibt es, was noch nicht überall durchgedrungen ist, in der Hauptsaison täglich zwei Kursverbindungen, die durch die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt gewährleistet werden. Bequem lässt sich so mit der 35minütigen Überfahrt über das «Schwäbische Meer» ein fünfeinhalbstündiger Aufenthalt in der 8800-Seelen-Gemeinde kombinieren.

Was Ankömmlingen sofort auffällt: die touristische Ausrichtung der Ufermeile: Gastwirtschaften, Hotels, Biergärten unter bäumigen Schattendächern, Ferienhäuser, Souvenirläden. Die Uferpromenade, die ein bisschen südländisches Flair versprüht, ist belebt, aber nicht überladen, und das (Ferien-)Leben nicht hektisch.

Der baumbestandene Stadtpark am See lädt zum Verweilen am Schatten oder im Gras unter der Sonne ein. Das flache Kiesufer wird als Badestrand benützt, obschon auf das Strandbad weiter östlich hingewiesen wird.

Wichtiger Tourismuszweig

Das gemütliche Caché ist vor allem etwas für Urlauber im gesetzteren Alter. Die südliche Lage mit Blick auf das hügelige Schweizer Ufer mit dem majestätisch thronenden Alpstein und die ruhige Lage prädestinieren Langenargen als Ferienort. Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig, sagt denn auch Bürgermeister Rolf Müller, seit 28 Jahren schon im Amt: «Pro Saison verzeichnen wir eine Viertelmillion Übernachtungen.» Im Vergleich zu Arbon ist das fast Faktor zehn.

Sonne vorn, Verkehr weit hinten

Der beschauliche Ortskern mit dem Marktplatz, den Museum, Rathaus und Kirche säumen, ist gepflegt und einladend wie die Uferpromenade, die sich bis zur Malerecke bei der Argen-Mündung hin erstreckt. Dort befindet sich der neue Sitz des Internationalen Seenforschungsinstitutes. Beliebt ist Langenargen auch als Station für Radwanderer.

Der Ort ist ausgesprochen ruhig. Fern der Landzunge zwischen den Flüssen Schussen und Argen, drei Kilometer landeinwärts, bewegt sich der Durchgangsverkehr über die Bundesstrasse. Tagsüber hat die Sonne im Blick, wer von der Parkbank oder vom Hotelbalkon über den glitzernden See schaut. Das macht vom Feeling her schon einen Unterschied, als sie – wie am schweizerischen Ufer – im Rücken zu haben.

Essen kann man gut und dank tiefem Euro-Kurs preiswert. Neben dem Flanieren und Baden bleibt Zeit für einen Museumsbesuch, eine Schlossbesichtigung und die Erkundung der Naturgebiete – zum Beispiel barfuss über einen speziellen Erlebnispfad. Das Horn des SBS-Motorschiffs mahnt zum Einsteigen. Bei der Überfahrt im Antlitz der Sonne weht eine laue Brise. Der Bodensee zeigt sich von seiner mächtigen Größe. An Bord ist man den Ufern und der Zeit entrückt. Bis die Arboner Skyline näher rückt – im Gegenlicht geprägt durch große Baukräne.

(Max Eichenberger/St. Galler Tagblatt v. 26.07.10)

zurück