Die
Personenkontrollen an den Grenzen zur Schweiz fallen ab heute weg. Während für
Reisende Erleichterungen winken, bleibt für den Zoll alles beim Alten. Das hat
vorgestern die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium,
Nicolette Kressl (SPD), bei ihrem Besuch im Friedrichshafener Zollkommissariat
versichert.
Der
Schengenbeitritt der Schweiz macht mit Wirkung vom 11. Dezember, 24 Uhr, die
polizeilichen Grenzkontrollen überflüssig. Während in Österreich dieses
Ereignis zelebriert wird und Polizeigrößen aus Vorarlberg und dem Kanton St.
Gallen in einem symbolischen Akt um Mitternacht in Hohenems die Grenztafeln
abschrauben, geht es zwischen Deutschland und der Schweiz vergleichsweise
formlos ab. Weder an den Grenzübergängen in Konstanz oder Stein, noch an der Fähre
nach Romanshorn wird der zweifellos historisch zu nennenden Veränderung von den
Behörden Beachtung geschenkt.
Ab
heute wollen die Zollbeamten dann keine Ausweise mehr sehen. Wenn der Reisende
allerdings etwas zu verzollen hat, muss er sich an den Zoll wenden. Vor
Stichproben ist freilich kein Reisender sicher, denn solange die Schweiz nicht
der EU beitritt, gilt sie als Drittland, erklärt Paul Wamers von der
Bundesfinanzdirektion Südwest.
Der
vorweihnachtliche Besuch der Staatssekretärin galt den Zolldienststellen in
Friedrichshafen und Konstanz. Intern seien Fragen rund um den Schengenbeitritt
angesprochen und geklärt worden, sagte Kressl ohne näher darauf einzugehen. Im
Wesentlichen ging es der SPD-Bundestagsabgeordneten aus Baden-Baden/Rastatt
darum, die Zollstrukturen in ihrer Heimat kennenzulernen. Dazu boten ihr der
Abgeordnetenkollege aus dem Wahlkreis Konstanz, Peter Friedrich, der Leiter des
Bundesfinanzdirektion Südwest, Paul Wamers, der Vorsteher des Hauptzollamtes
Ulm, Rainer Bühler, sowie die örtlichen Dienststellenleiter Bernd Tittel und
Margarete Zwisler Gelegenheit.
Mit
585 Beschäftigten und einem Kontrollraum von 7000 Quadratkilometern gehöre das
Ulmer Hauptzollamt zu den größten Bezirken der Bundesfinanzdirektion Südwest,
sagte Bühler. In der Grenzaufsicht in Friedrichshafen seien knapp 50 Beamte
eingesetzt, dazu kommen zwölf Beschäftigte im Zollamt, 14 am Flughafen und
sechs an der Fähre.
"Ebay-Syndrom"
nimmt zu
Bernd
Tittel, zuständiger Leiter der Grenzaufsicht, sprach von einem sehr weiten Feld
zöllnerischer Aufgaben im Kontrollraum Bodensee-Oberschwaben, der zum Teil
industriell geprägt, zum Teil aber auch sehr ländlich sei. An der 62 Kilometer
langen Wassergrenze von Lindau bis Radolfzell gibt es nur einen Fährübergang
nach Romanshorn in die Schweiz. Dort kontrollierten die Beamten des Zolls bisher
im Auftrag der Bundespolizei auch Personen, künftig nur noch den Warenverkehr.
Darüber hinaus gelte es, den Waren-, Reise-, Geld- und Bootsverkehr auf den
Transitrouten und auf dem Wasser im Auge zu haben, sagte Tittel.
Im
Zollamt in Friedrichshafen erledigen zwölf Beschäftigte die klassischen zöllnerischen
Aufgaben, wie Margarete Zwisler sagte. Die Ein- und Ausfuhr sowie Abfertigung -
vom Großkonzern, der Motoren, Getriebe oder Satelliten ins Ausland schafft, bis
zum Handwerker, der einen Auftrag in der Schweiz erledigt.
Geprägt
sei der Export vor allem von Rüstungsgütern, für die besondere Bestimmungen
gelten. Zunehmend beschäftigt den Zoll aber auch das "Ebay-Syndrom",
wie Zwisler sagte. Medikamente aus Fernost oder auch Luxusartikel - echt oder
gefälscht, bekommen die Zollbeamten immer mehr in die Finger. Zum Leidwesen der
Kunden, die unter Umständen kräftig zur Kasse gebeten werden und ihre
Bestellung zwar bezahlen, aber nicht selten in den Wind schreiben können.
(Schwäbische Zeitung v.
12.12.08)