Deichkind
auf dem Schwäbischem Meer
Für „Remmidemmi auf dem Bodensee“ sorgte
die Hamburger Hip-Hop-Formation Deichkind am Samstagabend beim von T-Mobile
gesponserten Street Gig auf der Autofähre
„Euregia“ vor knapp 700 Zuschauern. Skurrile Outfits und Beats satt,
dass die Ohren dröhnten – die „Electric Super Dance Band“ verstand es,
ordentlich Krawall zu schlagen. Unterstützt wurden sie vom nicht minder
funkigen Support-Act Team Monster.
„We like you, guys, a lot!“, posaunte
Terry Tiger, Sänger des Quartetts Team Monster, nachdem die Fähre in
Friedrichshafen in Richtung Immenstaad abgelegt hatte. Die vier Briten ließen
keine Zweifel aufkommen: „You can't stop the music, you can't stop the sound!“
Diesen Worten ließen sie Taten folgen. Ein Tick Indie, eine Brise Brit-Pop,
jede Menge Funk, gewürzt mit einer Portion Elektro-House – vor einer mit
leuchtenden Spiralen und Kreisen geschmückten Leinwand bot die Londoner Band
den begeisterten Zuschauern nämlich die volle musikalische Breitseite.
Nachdem sie ihre Seetauglichkeit eindrucksvoll
unter Beweis gestellt hatten, überließen die Matrosen von der Insel die Bühne
dann den Kapitänen aus dem hohen Norden Deutschlands – Deichkind. Derweil
hatte sich MTV-Moderator Joko – der Sender zeichnete das Konzert auf – unter
die Zuschauer gemischt. Und die frenetisch jubelnden Zuschauer brachten mit
ihren „Jetzt geht's los!“-Sprechchören die Fähre zum Beben, während die
MCs Ferris Hilton und Philipp Grütering, DJ Phono und Bassist Porky die Bühne
enterten.
Die Hamburger Salzwasserkapitäne der Band
Deichkind hatten das Schwäbische Meer an diesem Abend absolut im Griff, gaben
das Steuer nicht aus der Hand und sie reizten die technischen Möglichkeiten
einer Bühnenshow voll und ganz aus. Ob Konfetti-Regen, Tequila-Dusche,
futuristisch anmutende, blinkende und pyramidenförmige Helme oder in einem
Schlauchboot über die Köpfe der Zuschauer treibend – in der Manier eines
infantilen Naturalismus setzten die anarchistischen Tech-Rapper ihren Körper
immer wieder gekonnt in Szene: Schreien, Hüpfen, Rollen und bunte Kostüme. Die
Texte der Band sind schräg und grotesk. Die Bühnenshow ist es ebenso. Wenig
verwunderlich ist es deshalb, dass die Bandmitglieder unter anderem auch mit
Plastiksäcken, Klarsichtfolie, grünen Knicklichtern und Klebeband bekleidet
die Bühne in ihre ganz persönliche Spielwiese verwandelten.
Auf die richtige Mischung aus Bühnenbild und
Songtext legen die Deichkind-Akteure bekanntlich viel Wert. Da schwebt
beispielsweise ein Mensch im Vogelkostüm beim Song „23 Dohlen“ passend zum
Liedtext „Alle Vögel sind schon da“ über die Bühne oder die Fähre dreht
sich im Kreis, als die Zeilen „Fahr mit mir Karussell! Oh, oh, oh, oh, oh. Wir
fahren viel zu schnell!“ ertönen. Der für die Band charakteristisch
gewordene, schnelle, elektronische Beat durfte selbstverständlich bei keinem
Lied fehlen. Schließlich gelten die Künstler von Deichkind als die Pioniere
des Tech-Raps und die Vorreiter des elektro-lastigen Sounds.
Gegen Ende des Konzerts gab Deichkind den vom
Publikum lang ersehnten Charthit „Remmidemmi“ als Zugabe zum Besten – fast
so, als ob die Band das Konzert in einem einzigen Song zusammenfassen wollte. Während
die meisten Zuschauer die Fähre anschließend glücklich, aber erschöpft
verließen, ließen es sich zwei junge Männer nicht nehmen, sich durch einen Köpfer
von der Fähre im Bodensee abzukühlen.
Deichkind spielen am 2. Juli auch beim
Zeltmusikfestival in Freiburg. Mit dabei: ihr Album „Arbeit nervt!“ Karten:
Tel. 0761/504030.
(Julian Biberger/Südkurier v. 16.06.09)