"Das Kursschiff nach Konstanz hat
voraussichtlich 20 Minuten Verspätung", tönte es aus den
Hafen-Lautsprechern in Friedrichshafen. Grund dafür war Heinz Maier. Der
absolvierte am 9. September seine letzte Fahrt als Kapitän und wurde auf dem Rückweg
von Bregenz nach Konstanz von seinen deutschen und österreichischen Kollegen
ausgiebig gefeiert.
"Ja, ja, der Heinz und die Frauen",
sagen die Altkapitäne Günther Dannegger und Karl Schreiner und ein wissendes Lächeln
umspielt ihre Lippen. Sie warten im Hafen in Friedrichshafen auf das Motorschiff
"Karlsruhe". Oder besser auf Kapitän Heinz Maier, der ab jetzt
einer von ihnen ist; denn er befindet sich auf seiner Abschlussfahrt.
46 Dienstjahre gehen zu Ende. Ungezählte
Fahrten längs und quer über den Bodensee. Mehrere Millionen Passagiere hat er
in dieser Zeit sicher befördert. Die Kilometer, die er dabei zurückgelegt hat,
hätten ihn ebenso gut zweimal um die Welt geführt. Während der Wartezeit
plaudern seine Kollegen aus dem Nähkästchen - oder besser aus dem Steuerhaus.
Viele Frauen seien nur "wegen Heinz"
mitgefahren. Weil er so charmant sei und so gut aussieht. Und bei seinen aktiven
und passiven Kollegen sei er extrem beliebt. Deshalb hat die Karlsruhe auch
Verspätung. Auf der Fahrt von Konstanz nach Friedrichshafen hat Kapitän Maier
das Steuerrad noch fest in der Hand. Auf der Rückfahrt in den Heimathafen
Konstanz gibt er es an Kapitän Markus Braun ab; denn ab Bregenz wird Abschied
gefeiert. Der dortige Betriebsleiter und Kapitän Hans Wüstner hält eine Rede,
die dem 65-Jährigen die Tränen in die Augen treibt. Es gibt Sekt.
In Lindau wird er ebenfalls mit gefühlvollen
Worten verabschiedet. Und so geht es weiter. Auch auf dem See wird gefeiert.
Jedes Schiff, das ihm entgegenkommt hat die Flaggengala gehisst, ihm zu Ehren.
Die Karlsruhe selbst bis über die Toppen. Die Schiffe stellen sich bei ihren
Begegnungen Bug an Bug und die Matrosen übergeben Sektflaschen. Schließlich
erreicht Maier Friedrichshafen und wird von der Musikkapelle Radolfzell begrüßt.
"Am Morgen dachte ich noch, das ist ein ganz normaler Arbeitstag. Ich tue
einfach so, als ob die Saison zu Ende geht", sagt Heinz Maier. "Aber
mehr und mehr wird mir bewusst, dass es meine letzte Saison als Kapitän ist,
die hier zu Ende geht", meint er wehmütig.
Musik, Menschen und Autos
Am 2. April 1963 heuerte er als Matrose bei
der Schifffahrt an. Zuvor war er Automechaniker und sein technisches Verständnis
natürlich bei der Schifffahrt gefragt. Kapitän ist er seit rund 25 Jahren, die
Verantwortung habe er immer gerne getragen. Die besten und schönsten Erlebnisse
auf See, die er in Erinnerung behält, haben mit Musik, Menschen und Autos zu
tun. "Einmal hat ein Hubschrauber einen nagelneuen Ferrari auf das MS
Graf Zeppelin abgestellt", erzählt er. "Das war toll. Oder die
Fahrt mit fünf Jazzkapellen, oder besonders nette Fahrgäste", sprudelt es
aus ihm. Ob er damit Frauen meint? "Auch", gibt er lächelnd zu,
Frauen seien nun mal wunderbare Geschöpfe und er als Kapitän habe sich immer
über weiblichen Besuch im Steuerhaus gefreut. Auch bei seiner Abschlussfahrt
sind 25 weibliche Stammgäste dabei, die keinen Hehl daraus machen, dass es
immer "der Heinz war, der uns aufs Schiff gelockt hat". Wirklich
schlimme Erlebnisse habe er keine gehabt. "Natürlich gab es Nebelfahrten,
die heikel waren, mit beinahe Begegnungen auf See. Aber ich hatte immer Glück.
In all den Jahren ist nie etwas passiert." 46 Jahre lang sei er jeden Tag
gern zur Arbeit gegangen.
Der Bodensee ist das Höchste für mich. Er
ist einfach eine Pracht. Ein Schiff ist der schönste Arbeitsplatz der Welt, und
meine Kollegen sind super - die Deutschen, die Österreicher und die
Schweizer." Es sei schwer, mit seinem Beruf, den er so schätze, aufzuhören.
"Aber im Prinzip gehe ich zu einer Zeit, in der ich sagen kann: Aufhören,
wenn es am schönsten ist." Wenn er jetzt in Ruhestand geht, werden ihm die
Schiffe und die Kollegen fehlen. Aber er werde den einen wie den anderen die
Treue halten. "Ich unternehme Radtouren rund um den See und verbinde diese
ganz einfach mit Schifffahrten."
(Schwäbische Zeitung v. 11.09.09)