Werftgeschäft
soll eingestellt werden
Die
Geschäftsführung der Bodan-Werft plant laut einer Mitteilung der IG Metall
Friedrichshafen-Oberschwaben, die Aktivitäten der Werft und des Konstruktionsbüros
im kommenden Frühjahr einzustellen. Rund 60 Arbeitsplätze würden damit
vernichtet, wie der Mitteilung weiter zu entnehmen ist.
Der
Betriebsrat und die IG Metall befinden sich laut Mitteilung derzeit in
Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich und
Sozialplan. Diese seien am Dienstag auf Anfang Januar vertagt worden. Bei der
Bodan Gruppe in Kressbronn war nach Erhalt der Gewerkschaftsmitteilung, die
gestern gegen 17 Uhr verschickt wurde, niemand mehr für eine Stellungnahme zu
erreichen.
Die
Bodan Gruppe in Kressbronn besteht aus vier Gesellschaften: Schiff- und
Metallbau, Schwimmbadbau, Freizeit und Hafen sowie das Konstruktionsbüro. Nach
Angaben der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben sollen die Werft- und die
Konstruktionsgesellschaft aufgrund von Schulden liquidiert werden. Die Aktivitäten
im Schwimmbadbau will Geschäftsführer Robert Dittmann laut IG Metall ebenso
weiterführen wie das Freizeit und Hafen-Gesellschaft.
Seit
2004 haben die Beschäftigten laut Lilo Rademacher, erste Bevollmächtigte der
IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, immer wieder gemeinsam mit der
Gewerkschaft auf bestimmte Leistungen der Tarifverträge wie Urlaubsgeld oder
Weihnachtsgeld verzichtet. „All diese Verzichte dienten dazu, die Arbeitsplätze
zu sichern. Dieses Vorhaben ist gründlich schief gegangen“, so Rademacher.
Wenn sich die Arbeitgeberstrategie der Liquidation durchsetze, so existiere ein
seit mehr als 95 Jahren bestehendes Traditionsunternehmen am Bodensee nicht
mehr.
Gemeinsam mit den Beschäftigten und dem
Betriebsrat will Lilo Rademacher um die Arbeitsplätze kämpfen. Mit Kurzarbeit
könne das kommende Jahr überbrückt werden, wie die Gewerkschaft weiter
mitteilt. „Der Betriebsrat und die Beschäftigten können nicht einsehen, dass
60 Arbeitsplätze vernichtet werden sollen.“
Mitte November hatte der Gemeinderat Kressbronn der Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Werft-Areal zugestimmt. Am Tag nach dem Gemeinderatsbeschluss hatte die Werftenkooperation – die Stadtwerke Konstanz als Mutter der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG Romanshorn (SBS) und die Vorarlberg Lines Bodenseeschifffahrt GmbH & Co. (VLB) mitgeteilt, dass zu keiner Beteiligung ihrerseits an der geplanten neuen Groß-Werft in Kressbronn kommen werde. Die drei Reedereien wollten demnach auf die Instandhaltung und Revision ihrer Schiffe in den eigenen Werften setzen, aber weiter Leistungen der Bodan-Werft in Anspruch nehmen.
(Südkurier v. 29.12.10)
Interessenausgleich und Sozialplan samt
Abfindungszahlung haben die Verhandlungen zum Inhalt. In einer ersten Runde
hatten sie am 8. Dezember eingesetzt, um wenige Tage vor Weihnachten fortgesetzt
zu werden. Gestern nun die dritte Runde, nach der die IG Metall ihrem Ärger mit
einer Pressemitteilung Luft macht.
Der Grund: „Informationen, die zur
Arbeitgeberentscheidung geführt haben, die Werft stillzulegen“, seien nicht
nachvollziehbar. „Hier werden die Bälle zwischen den Banken, der Holding, die
die Grundstücke besitzt, und den Beratern des Arbeitgebers hin und her
geschoben“, das ist der Eindruck einer verärgerten Lilo Rademacher.
Was die Kernfrage für die erste Bevollmächtige
der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben darstellt: „Was ist mit dem Gelände,
was gehört wem (der Holding, den Banken?), was ist die Werthaltigkeit?“ Alles
Fragen, die für Lilo Rademacher natürlich ausstrahlen – nämlich auf die 60
Männer und Frauen, um deren Arbeitsplätze (50 in der Werft, zehn bei den
MEC-Konstruktionen) es geht.
„Wir können es nicht hinnehmen, dass die
Leute mit insgesamt 1,1 Millionen Euro abgespeist werden“, nennt Rademacher
auf SZ-Nachfrage Ross und Reiter. Viele langjährige Beschäftigte seien
darunter, bestätigt sie. „Was bekommen die Beschäftigten aus dem
Sozialplan?“ –darum geht es im Kern.
Denn: Nach der dritten Verhandlungsrunde sei
klar erkennbar, so Lilo Rademacher, „dass Alternativen zu einer Werftschließung
nach Auffassung des Arbeitgebers nicht gegeben sind“.
Wofür die IG-Metall-Bevollmächtigte Gründe
in der Vergangenheit anführt: Seit längerem sei nicht mehr genügend in den
Vertrieb gesteckt worden, um an Aufträge im Schiffsbau, die auch Deckungsbeiträge
erwirtschaften, zu kommen, steht im Pressetext. Und: „Jetzt sind es wieder
einmal die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aufgrund von
Managementfehlern ihre Arbeitsplätze verlieren.“
Seit 2004, so Rademacher, hätten immer wieder
die Beschäftigten gemeinsam mit der IG Metall Verzichte auf bestimmte
Leistungen der Tarifverträge, wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, geleistet. All
dies diente dazu, die Arbeitsplätze zu sichern. Dieses Vorhaben ist gründlich
schief gegangen, schreibt Lilo Rademacher. Und ihr Fazit: „Wenn sich die
Arbeitgeberstrategie der Liquidation durchsetzt, so existiert ein
Traditionsunternehmen am Bodensee, welches seit über 95 Jahren besteht, nicht
mehr.“
Das müsse aber nicht so sein: Gemeinsam mit
den Beschäftigten und dem Betriebsrat kämpfe die IG Metall um die Arbeitsplätze;
mit Kurzarbeit könnte das Jahr 2011 überbrückt werden, so Rademachers
Hoffnung. „Doch Dittmann und die Banken wollen die Liquidation“ – was trübe
Aussichten für 60 Beschäftigte und ihre Familien für 2011 bedeute, schreibt
Rademacher.
Angesichts dieser unterschiedlichen
Standpunkte wurden die Verhandlungen auf Anfang Januar (eventuell am 10.)
vertagt. Bis dahin sind es Tage des Hoffens und Bangens…
INFO: Anno 2006 wurde die Bodan Gruppe in fünf
Einzelunternehmen aufgespalten, teilt die IG Metall mit. Über den vier selbständigen
Bereichen MEC-Konstruktionen, Schwimmbadbau, Werft-Aktivitäten und Hafen- und
Freizeitgesellschaft gibt es eine Holding, die die Grundstücke besitzt. Der
Ist-Zustand: „Jetzt lasten auf der Werft und auf dem MEC Schulden, und
deswegen sollen beide Gesellschaften liquidiert werden. Die Aktivitäten im
Schwimmbadbau will Robert Dittmann (Geschäftsführer und Gesellschafter)
weiterführen und ebenso das Unternehmen Freizeit und Hafen“, schreibt die
Gewerkschaft.
Auf einen Blick:
Rückblick: Der Andrang von
Bodanwerft-Mitarbeitern ist bei der Gemeinderatssitzung Mitte November enorm.
Mit der Aufstellung des Bebauungsplans bringt der Rat die Entwicklung des
Gebiets auf den Weg. Tags darauf aber erteilt die Werftenkooperation einem
Neubau auf dem Gelände eine Absage.
Von 50 000 Quadratmetern Betriebsfläche
sollen 40000 in zwei Bebauungsplänen für die Umnutzung vorbereitet werden –
so der Gemeinderat. „Bodan West“ soll ein Gebiet zur Sondernutzung
(Gastronomie, Tourismus) umfassen, „Bodan Ost“ zum Wohngebiet werden. Als
„Jahrhundertchance, Kressbronn im Uferbereich neu zu gestalten“, sieht der Bürgermeister
den Prozess. Die restlichen 10000 Quadratmeter werden für den eventuellen
Werftneubau ausgeklammert. Doch teilt die Werftenkooperation wenig später mit,
dass sie diese Überlegung nicht weiter verfolge.
Ein Verlauf, der der IG Metall sauer aufstößt.
„Der Gemeinderat hat Bebauungsplänen als Freizeit- und Feriengelände
zugestimmt. Wusste er auch, dass damit das Aus der Traditionswerft beschlossen
wurde?“, fragt sie im Pressetext vom gestrigen frühen Abend.