Bodan-Werft
nicht mehr zu retten
Scharfe Kritik hat gestern die Erste Bevollmächtigte der
Industrie-Gewerkschaft (IG) Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, Lilo
Rademacher, am Geschäftsführer der Bodan-Werft, Robert Dittmann, geübt.
Dittmann wolle mit aller Gewalt die Werft schließen.
„Offensichtlich ist es so, dass bei ihm mehr
Interesse besteht, dieses Gelände mit rund 40 000 Quadratmetern in idealster
Lage am See günstig zu verscherbeln“, sagte Rademacher bei einer
Demonstration für den Erhalt der Werft gestern Mittag vor dem Kressbronner
Rathaus. Mehr als 150 Werftbeschäftigte, Gewerkschafter und Bürger haben
teilgenommen.
Die IG Metall habe ein Fortführungskonzept für
die Werft erarbeitet, weil es eine Anzahl von Projekten gebe. Rademacher:
„Eventuell könnte das schwierige Jahr 2011 auch noch mit Kurzarbeit überbrückt
und die Zeit genutzt werden, um Kundenkontakte wieder aufleben zu lassen. Doch
Herr Dittmann weigert sich“. Offensichtlich wolle hier jemand „den goldenen
Schnitt machen und beabsichtige, das Grundstück als Freizeitgelände zu
verwerten“. Wie zufällig spiele hier auch noch die Gemeinde zu rechten Zeit
mit, denn im November 2010 habe der Gemeinderat beschlossen, dieses Gelände
umzuwandeln mit Marina, Hotel und Luxuswohnungen. Der Preis für das Gelände
sei mit 400 Euro pro Quadratmeter angesetzt. Andererseits sei es mit 13
Millionen Euro durch einen Bankenpool und eine Versicherung belastet.
Man brauche zusätzlich zu den 1,1 Millionen
Euro noch eine Million mehr für einen Sozialplan der 60 Betriebsangehörigen,
ansonsten könne man sich nicht zufrieden geben. „Es ist eine Schande, diese
Menschen, die ihr Leben lang hervorragende Schiffe gebaut haben, je mit 18 000
Euro abzuspeisen“, ärgerte sie sich. Sie schlug vor, die Sparkasse, gemeinsam
mit der BW-Bank, sollten das Gelände kaufen, durch ihre eigenen
Immobiliengesellschaften verwerten und eine Million Euro zur Verfügung stellen,
damit, wenn schon eine Schließung nicht verhindert werden könne, die Menschen
wenigstens anständige Abfindungen bekämen.
Lilo Rademacher forderte, die Kumpanei, die
sich in diesem Fall deutlich zwischen Kapital, Finanzmärkten und Politik zeige,
müsse endlich aufhören. Bürgermeister Weiß und Geschäftsführer Dittmann müssten
jedenfalls auf die Banken Einfluss nehmen, dass es zu einem vernünftigen
Sozialplan komme. Ein Arbeitsrichter als Vorsitzender der Einigungsstelle werde
versuchen, in den nächsten Wochen einen entsprechenden Plan aufzustellen.
Die Anteilnahme der vielen Kolleginnen und
Kollegen tue gut, sagte der Betriebsratsvorsitzende der Bodan-Werft, Egon David.
Er schilderte eindrucksvoll die Lage in der Werft und der Beschäftigten, die
seit Jahren auf tarifliche Leistungen verzichtet hätten, um die Werft zu
retten. Ihm schlossen sich in Solidaritätsadressen unter anderen Betriebsräte
von ZF, Tognum und Zeppelin- Betriebsratsvorsitzender Hierholzer sowie der
Betriebsseelsorger Werner Langenbacher an. Gemeinderätin Martina Knappert-Hiese
griff schließlich die Haltung von Bürgermeister Edwin Weiß an, der wegen
einer Veranstaltung des Gemeindetags verhindert war.
(Volker Geiling/Südkurier v. 22.01.11)
Mehr
als 150 Menschen haben heute an der Kundgebung der IG Metall für den Erhalt der
Bodan-Werft vor dem Kressbronner Rathaus teilgenommen.
Scharfe Kritik am Geschäftsführer der Bodan-Werft in Kressbronn, Robert Dittmann, hat heute die Erste Bevollmächtigte de IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, Lilo Rademacher, geübt. Bei der Demonstration für den Erhalt der Werft, zu der mehr als 150 Personen gekommen sind, hat Rademacher vor dem Rathaus dem Geschäftsführer vorgeworfen, er wolle mit aller Gewalt eine Schließung der Werft, um das Gelände günstig zu „verscherbeln“. Eine Abfindung von 1,1 Millionen Euro für die 60 Betriebsangehörigen nannte Rademacher „schäbig“. Bürgermeister Edwin Weiß solle seinen Einfluss geltend machen und noch eine Million Euro zusätzlich bei den Banken herausholen.
Der Bürgermeister
hätte am Freitag bei einer Kundgebung zur Bodan-Werft sprechen sollen, ist aber
nicht vor Ort
Am Freitag ab 12 Uhr wird die IG Metall vor dem Kressbronner Rathaus
demonstrieren. Es geht natürlich um die Situation bei der Bodan-Werft. Die
Gewerkschaft will sich solidarisch zeigen mit den 60 Beschäftigten des
Traditionsunternehmens, deren Arbeitsplätze wohl nicht mehr zu retten sind (die
SZ berichtete).
„Die
Werft muss leben“ ist das Motto der Kundgebung, auf der laut Ankündigung der
Gewerkschaft auch der Kressbronner Bürgermeister Edwin Weiß hätte sprechen
sollen. Dies im Konjunktiv, denn um Weiß‘ Redebeitrag ist nun einige
Verwirrung entstanden. So sah sich der offensichtlich überraschte Schultes
gezwungen, in einer Pressemitteilung am Mittwochvormittag Stellung zu nehmen. Am
17. Januar, heißt es darin, habe er erfahren, dass er als Redner vorgesehen sei
und erst am 18. Januar ein Schreiben mit einer entsprechenden Anfrage von Lilo
Rademacher, der ersten Bevollmächtigten der IG Metall
Friedrichshafen-Oberschwaben, erhalten. Danach wird Weiß deutlicher:
„Eigentlich hätte ich erwarten dürfen, dass Sie deswegen mit mir vorher
direkt in Kontakt treten.“ Das Problem ist nämlich: Der Schultes weilt die nächsten
Tage und das ganze Wochenende über auf einer Veranstaltung des Gemeindetages
Baden-Württemberg. Eine Rede in Kressbronn ist deshalb unmöglich.
Außerdem
kritisiert Weiß auch das Vorgehen Rademachers, über die Medien die Öffentlichkeit
gesucht und ihn dabei außen vor gelassen zu haben. „Es ist ihre Aufgabe als
Gewerkschaftsfunktionärin, die Interessen der Mitglieder ihrer Gewerkschaft zu
bedienen. Ich hätte mir allerdings vorgestellt, dass Sie sich, bevor sie
medienwirksam sich zur Situation der Bodan-Werft äußern, Rücksprache auch mit
dem Bürgermeister gehalten hätten und sich entsprechend hätten informieren
lassen.“ Rademachers Kommunikation über die Medien bezeichnet Weiß schließlich
als „fragwürdigen Stil“.
„Ganz höflich angefragt“
Rademacher hingegen äußert ihrerseits
Bedauern darüber, dass sie nicht schon früher an die Öffentlichkeit gegangen
ist. „Ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen, dass ich drei
Verhandlungsrunden abgewartet habe“, sagt sie. „Die Öffentlichkeit muss
doch aufgeklärt werden und die Hintergründe erfahren, denn die Leidtragenden
sind doch die Beschäftigten.“ Bürgermeister Weiß gehe vor wie Bodan-Geschäftsführer
Robert Dittmann, der stets auf eine Heraushaltung der Öffentlichkeit gedrängt
und den „Medienrummel“ kritisiert habe.
Nicht erklären kann sich Rademacher indes den
Vorwurf, man hätte den Schultes einfach als Redner nominiert und zu spät davon
in Kenntnis gesetzt. „Ich habe beim ihm ganz höflich angefragt, ob er
sprechen möchte“, so die Gewerkschaftlerin. „Andere Bürgermeister haben
solche Angebote in der Vergangenheit in ähnlichen Situationen bereits
angenommen. Er muss ja nicht unsere Linie vertreten, aber er hätte sich aus
meiner Sicht schon äußern sollen.“
So verfahren, wie die Situation derzeit auch
ist: Fest steht indes, dass Rademacher für die Demonstration am Freitag großen
Andrang erwartet. Mit mehreren Hundert Teilnehmern an der Kundgebung rechnet
sie: „So etwas hat Kressbronn bisher noch nicht erlebt.“
(Markus Riedl/Schwäbische Zeitung v. 20.01.11)