"Das war obermegaspannend"
Stadtwerke-Chef Konrad Frommer glaubt seinen Augen nicht: Vier, nein sogar fünf Teilnehmer der SÜDKURIER-Sommeraktion heben den Finger. Sie möchten einmal Kapitän werden. "Wir brauchen unbedingt Nachwuchs, bleibt dran!", ruft er erfreut. Nur bei einem Mädchen, das einzige, das an der Führung teilnimmt, beißt er auf Granit. "Viel zu langweilig", sagt sie überzeugt.
Die Schiffsführer Hans Anthöfer und Klaus Mayer belehren sie eines Besseren. Im Führerstand der Autofähre Tabor, zwölf Meter hoch über den Autos und Lastkraftwagen, weihen sie geduldig ihre jungen Bewunderer in die Geheimnisse der Bodensee-Fähren ein. Was sind diese grünen Pünktchen auf dem Radar? - Die entgegenkommende Fähre. Stimmt die Anzeige des Echolots? - Tatsächlich, der See unter dem Fähredeck ist vor Meersburg 165 Meter tief. Was passiert, wenn der Schiffsführer das Sicherheitssignal, das alle 30 Sekunden gedrückt werden muss, vergisst? - Dann hat die Besatzung auf dem Schiffsdeck die Möglichkeit zu einer Notsteuerung der Fähre. Und wie wird man Kapitän? - Meist über den Weg vom Kassierer über den Maschinist, das Mindestalter ist 21 Jahre.
Und was macht ein Maschinist? Das erklärt Hans-Dieter May, Leiter der Technik bei den Fähren, im Untergeschoss des Schiffs neben lärmenden Generatoren. Sie treiben nicht etwa eine gewöhnliche Schiffsschraube, sondern einen Voith-Schneider-Propeller an. Über senkrecht ins Wasser stechende Flügel kann die Fähre angetrieben und gesteuert werden. "Die Flügel drehen sich im Kreis, so lässt sich das Schiff leicht manövrieren", erläutert May. Damit sich die Flügel so drehen, wie der Schiffsführer es sich vorstellt, damit die Kaffeemaschine im Bistro mit Strom versorgt ist und damit die Bordsprechanlage funktioniert, braucht es aber reichlich Kabel. May beeindruckt die jungen Gäste mit verwirrendem Kabelsalat. Insgesamt sollen 1200 Kilometer Kabel auf der Tabor verlegt sein. Auch mit weiteren Zahlen kann May verblüffen: 1,8 Millionen Autos, 70000 Lkws und 300000 Zweiräder haben die sechs Fähren im vergangenen Jahr zwischen Meersburg und Konstanz transportiert. Fünf Millionen Kilometer haben sie dabei zurückgelegt und 3,3 Millionen Liter Treibstoff verbraucht.
Neugierig sind die jungen Konstanzer nun auf die siebte Fähre, die die Stadtwerke 2010 in Betrieb nehmen wollen. Es ist zwar insgesamt das 13. Fährschiff, das seit Bestehen des Fährbetriebs in Betrieb genommen wird, aber vom FS 13 spricht niemand. "Dazu sind Schiffsleute viel zu abergläubisch", sagt May, der sich indes auf das FS 2010 freut. Nach zwei Stunden sind sich alle einig: Viel gelernt, viel gesehen, viel gehört. "Das war obermegaspannend", fasst Leon Schaad die Führung zusammen.
(Anja Wischer/Südkurier v. 08.08.07