Norweger
verlegen Glasfaserkabel im See
Wegen
bis zu sechs Windstärken ist die Aktion gestern kurzfristig abgesagt worden. Für
heute sind die Wetteraussichten besser: Zwischen sechs und sieben Uhr sollen vom
Fährschiff "Fontainebleau"
aus 26 Kilometer Glasfaserkabel mit einem Gewicht von 30 Tonnen in den See von
Konstanz nach Friedrichshafen gelegt werden.
Unverrichteter
Dinge verharrte die Motorfähre gestern Morgen in Staad, zu einer Zeit, als sie
zu einem besonderen Einsatz ablegen sollte. Mit an Bord hatte sie diesmal keine
Übersetzer nach Meersburg, sondern 30 Kilometer Glasfaserkabel und Experten bis
aus Norwegen, die die hochmoderne Datenautobahn auf der Fahrt nach
Friedrichshafen entrollen und im See versenken sollten. In den Uferbereichen von
Tauchern auf dem Grund vertaut, im Obersee in eine Tiefe von 250 Metern gelegt.
Doch damit wurde es gestern nichts. Zu heftig blies der Wind und zu hoch
schlugen die Wellen. Für heute ist der Leiter der Energienetze bei den federführenden
Konstanzer Stadtwerken, Michael Müller, zuversichtlich. Da der Wind heute aus
einer anderen Richtung und in Friedrichshafen ablandig kommt, sollen heute fast
unbemerkt von der Öffentlichkeit Konstanz und Friedrichshafen enger
zusammenwachsen. Immerhin in Sachen Technologie.
Das
Glasfaserkabel ist Grundlage dafür, die Region Konstanz mit den existierenden
Kommunikationswegen der gegenüberliegenden Seeseite zu verbinden. Denn mit dem
Kabel sind Internet-Telefonie oder digitales Fernsehen problemlos möglich.
"Das ist an Qualität das Optimum, was es derzeit auf dem Markt gibt, und für
jedermann nutzbar", sagt Müller.
Mit
T-City in Friedrichshafen hat die Verbesserung übrigens nichts zu tun. Das
Vorhaben war schon geplant, als daran noch nicht zu denken war. Lediglich die
Zeit bis zur Ausführung dauerte. Das Kabel, das aus 192 einzelnen Glasfasern
besteht, misst etwa 25 Millimeter im Durchmesser. Über jede einzelne Glasfaser
können knapp 150000 Telefongespräche gleichzeitig stattfinden. Über herkömmliche
Kupferkabel können im Vergleich dazu lediglich zwei ISDN-Anschlüsse pro
Doppelader gleichzeitig geführt werden. "Mit dem Seekabel leisten wir
einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung der gesamten Bodenseeregion als
Industriestandort und schaffen eine leistungsfähige Verbindung über den
See", sagt Geschäftsführer Kuno Werner. Unternehmen, die eine
Niederlassung in Konstanz und Friedrichshafen haben, profitieren ebenfalls vom
neuen Glasfaserkabel. "Die Übertragung verschiedener Firmendaten von
Konstanz nach Friedrichshafen erfolgt durch das neue Seekabel in
Sekundenschnelle", betont Michael Müller.
Im
Juli vergangenen Jahres hatte der Aufsichtsrat der Konstanzer Stadtwerke die
Verlegung des Seekabels beschlossen, das in Friedrichshafen im Bereich des
BSB-Hafens an Land gezogen wird. Die wasserrechtliche Genehmigung erfolgte im März
dieses Jahres durch das Landratsamt. Auch verschiedene Interessengruppen wie die
Fischereiverbände und das Seenforschungsinstitut in Langenargen stimmten zu.
Den Zuschlag für das Projekt erhielt die norwegische Firma Nexans, die bereits
eine Vielzahl solcher Kabel verlegt hat und über erstklassige Referenzen verfügt.
Früher
Straße, heute Glasfaser
Mit
ihrer Breitband-Anbindung kommen die beiden Bodenseeregionen einem Appell des
baden-württembergischen Gemeindetages nach. "Was früher die Straße war,
ist heute die Breitband- und Glasfaserverkabelung", sagt der Hauptgeschäftsführer
des Kommunalverbandes, Christian Steger.
Ministerpräsident
Günther Oettinger hat erst dieser Tage vor Bürgermeistern für eine bessere
Verkabelung geworben: "Wir brauchen den virtuellen Arbeitsplatz auch auf
dem Dorf", meinte er. Das Nachrichtenkabel zwischen Konstanz und
Friedrichshafen schafft nicht nur eine bessere Verbindung zwischen den beiden
Bodenseezentren, sondern ermöglicht auch eine leistungsstarke Verbindung des
deutschen mit dem schweizerischen Datennetz.
(Schwäbische Zeitung v. 15.11.07)