Die neue Fähre der Stadtwerke soll ab Mai
2010 den Betrieb zwischen Konstanz und Meersburg aufnehmen. Der SÜDKURIER
beobachtete die Arbeiten am Schiff in Kressbronn.
Die spannende Frage ist längst nicht
beantwortet: Noch heißt die neue Fähre der Stadtwerke Konstanz ganz nüchtern
FS 2010. Der Name von Schiffen wird am See leidenschaftlich diskutiert, doch das
Geheimnis bleibt meist bis zur Taufe gut behütet. Jetzt haben ohnehin erst
einmal die Konstrukteure, Schweißer und Maler das Sagen: Die Fähre wird in der
Bodan-Werft in Kressbronn gebaut. „Die Arbeiten laufen sehr gut, wir werden
bis zum Mai kommenden Jahres fertig“, freut sich Stadtwerke-Geschäftsführer
Konrad Frommer.
Auf der Fahrt nach Kressbronn sind Studien am
Objekt möglich: Die Fähre Tabor ist das
Schwesterschiff von FS 2010. Sie werden sich mit dem charakteristischen Bogen,
der sich über das Deck schwingt, fast wie Zwillinge ähneln – aber nur fast:
Die Konstrukteure merzen die Kinderkrankheiten der Tabor aus. So sind die
Treppen aufs Oberdeck nicht mehr so steil. Die Fahrgäste werden außerdem
wieder mehr Ausblick auf den See und die Landschaft haben, da das Steuerhaus
deutlich schmaler ausfällt.
Die neue Fähre wird mit 80 Metern das weitaus
längste Schiff auf dem Bodensee sein. Der Koloss aus Stahl ragt aus dem großen
Werftgebäude bis in den See.
FS 2010 ist zehn Meter länger als die Tabor.
Lutz Kober, Projektkoordinator der Werft: „Schwestern können eineiige
Zwillinge sein oder eben anders aussehen.“ Vor allem das Freideck ist größer,
wie es dem Wunsch der Fahrgäste entspricht – sie wollen sich schließlich bei
der Überfahrt von Konstanz nach Meersburg am See ergötzen. Die Arbeiter können
ihren wunderbaren Arbeitsplatz mit dem Blick aufs Wasser und das herrliche
Bergpanorama dagegen kaum genießen, es wird an allen Ecken und Enden gewerkelt.
Bis zu 30 Menschen sind an Bord tätig. Sie schweißen und schleifen die Schweißnähte:
Alleine 450 Tonnen Stahl werden verbaut. Die Maler bringen gerade die
Grundierung auf.
Ein Arbeiter erledigt eine Spezialaufgabe auf
dem Deck: Er glättet das Blech. Durch Spannungen hat es Wellen bekommen. Er
muss sie ausfindig machen und durch gezieltes Erwärmen ausgleichen. Manfred Büsing,
der Berater der Stadtwerke beim Schiffsbau: „Der Mann spürt das genau, das
sind ganz wenige Leute, die das können.“ Man glaubt es kaum, aber bei der
Arbeit ist überhaupt viel Feingefühl nötig. So kommt es beim Stahl auf
Millimeterarbeit an. Jedes Blech ist zertifiziert.
Eine kleine Meisterleistung der Planer ist der
Behindertenaufzug. Er ragt bei der Tabor in die Autospuren, nimmt also Platz
weg. Nun wird er ganz an die Wand gedrängt, um den Ein- und Ausstieg zu ermöglichen,
läuft der Lift aber schräg nach oben. „Das hat uns zehn Besprechungen
gekostet“, berichtet Manfred Büsing, der mit Fährechef Krister Hennige jede
Woche nach Kressbronn fährt, um akribisch am Schiff zu tüfteln. Büsing ist
fasziniert vom Schiffsbau: „Eigentlich ist so ein Schiff wie ein
hochkompliziertes Haus, das aber noch auf dem Wasser fahren muss.“
Neu ist eine Schranke auf dem Schiff, die hoch
geht, wenn die Autos ein- oder ausfahren. Sie kann, anders wie das bisher übliche
Seil, vom Steuerhaus aus bedient werden. „Dadurch wird die Mannschaft
entlastet“, sagt Krister Hennige. Denn durch die Größe des Schiffes wird das
Zeitkorsett fürs Einweisen der Fahrzeuge und Kassieren noch enger.
Nicht nur die Stadtwerke verfolgen die
Arbeiten gespannt. Für die 90 Jahre alte Bodan-Werft mit ihren über 90 Beschäftigten
haben sie große Bedeutung. Geschäftsführer Robert Dittmann: „Regionale
Aufträge sind für uns überlebenswichtig.“
Teile des Schiffes wurden im polnischen
Stettin gefertigt und in der Bodan-Werft angefügt. Etliche polnische Arbeiter
sind an den See gekommen, um beim Rohbau zu helfen.
Im Bauch des Schiffes sind schon die einzelnen
Becken der Toiletten zu erahnen: Die Technik ist montiert. Die Räume für die
Motoren sind dagegen noch leer. Sie werden mit neuester Technik von MTU bestückt.
Krister Hennige: „Wir sind das erste Schiffsunternehmen, das diesen Motorentyp
bekommt. Damit sind wir auf dem neuesten Stand der Technik.“ Zwei Meter hoch
und 2,80 Meter breit sind die Motoren, sie haben einen extrem geringen
Verbrauch. Er wird insgesamt um 25 Prozent reduziert. Verbesserungen am Schiffskörper,
unter anderem eine geschwungene Wulst am Bug, tragen dazu bei.
Diesel-Partikelfilter helfen, bei den Schadstoff-Ausstößen deutlich unter den
Bodensee-Richtlinien zu bleiben. Sollte eines Tages der Einsatz von
Brennstoffzellen oder Gasmotoren erwünscht sein, ist der nötige Platz bereits
reserviert.
Bei der Sicherheit wird nicht gespart. So
werden neben den üblichen Rettungsgeräten zwei aufblasbare Inseln an Bord
sein, die 300 Menschen Platz bieten. Dabei wird die Fähre nie zur Titanic
werden: Die Planer schließen es durch die Konstruktion aus. „Das Schiff ist
eigentlich unsinkbar“, sagt der Fährechef.
Die Arbeiten sind eine Frage der Qualität.
Krister Hennige: „So ein Schiff muss schließlich mindestens 30 Jahre
halten.“ Einige Vorgänger haben sogar 50 Lenze erreicht. FS 2010 muss aber
erst einmal auf Jungfernfahrt: In einem Jahr wird es soweit sein. Josef Siebler
Das
neueste Schiff der Stadtwerke wird ab Sommer 2010 zwischen Konstanz und
Meersburg im Fährverkehr eingesetzt. Es wird die 1970 gebaute Fähre
„Fontainebleau“ ersetzen.
Länge:
80 Meter.
Breite: 13,40 Meter.
Gewicht: 730 Tonnen.
Zulässige Personenzahl: 700.
Ladekapazität: 64 Autos; zum Vergleich: die Tabor bietet 55 Autos Platz.
Kosten: Elf Millionen Euro.
(Südkurier v. 04.05.09)