Er half
bei der Geburt auf einer Fähre-Überfahrt
Schiffsführer Markus Bauhofer war vor einigen Jahren „Geburtshelfer“ auf einer Fähre zwischen Meersburg und Konstanz. Das Kind kam auf dem Beifahrersitz eines Autos zur Welt.
Wenn die noch geheime Taufpatin und die beiden
Patenkinder Bleona Cakiqi und Tobias Neidhart bei der Taufe der neuen Fähre am
Samstag im Mittelpunkt stehen, wird Schiffsführer Markus Bauhofer an ganz
andere Ereignisse zurückdenken. 1989 war er bei einer Geburt auf einem der
Schiffe dabei: Das Kind kam auf dem Beifahrersitz eines Autos zur Welt. Der 45-Jährige
hat aber noch viel mehr kuriose Dinge in seiner Zeit bei den Stadtwerken
Konstanz erlebt.
Als Markus Bauhofer am 18. Mai 1989 seinen
Dienst auf der „Meersburg“
antritt, ahnt der damals noch als Kassier tätige junge Mann nicht, was bald
geschieht. „Das ging alles ganz schnell“, erinnert er sich. Das Ehepaar aus
der Nähe von Meersburg will nach Konstanz ins Klinikum, fährt mit dem Wagen
aufs Schiff und da platzt die Fruchtblase der Frau. Die Fähre-Mannschaft
reagiert besonnen, Markus Bauhofer wird neben dem Ehemann und dem Maschinisten
zum Geburtshelfer. Auf der Beifahrerseite ist alles viel zu eng, so müssen sie
vom Fahrersitz aus helfen. Doch alles klappt: „Wir waren vielleicht Mitte See,
da war das Kind auf der Welt.“ Mutter und Sohn werden schließlich
wohlbehalten dem Notarztwagen am Ufer von Staad übergeben.
In den Tagen danach war offen, welcher
Geburtsort denn nun in die Papiere eingetragen wird. Bald war aber klar: Da das
Schiff näher am Staader Ufer war, ist der Neugeborene ein Konstanzer. Im
Geburtseintrag der Stadt ist als Geburtsort vermerkt: „Konstanz, auf der Fähre
Meersburg zwischen Meersburg und Konstanz“. Die Familie ist den Stadtwerken
zwar bekannt, doch Mutter und Sohn waren zu einem Gespräch über das Aufsehen
erregende Ereignis im Jahr 1989 nicht bereit.
Markus Bauhofer kann viele weitere spannende
Geschichten erzählen. So hat er vor wenigen Monaten eine Seglerin aus dem
Wasser gezogen: „Ich sah auf der Fahrt Richtung Meersburg bei starkem Nordost
zwei orangefarbene Flecken im See.“ Markus Bauhofer holte die Frau mit der
Rettungsleiter auf die Fähre, der Mann konnte sich aus dem sehr kalten Wasser
auf das gekenterte Segelboot retten, ein Motorbootfahrer nahm ihn schließlich
auf. Vor ungefähr 20 Jahren hat ein Fahrgast eine Herzattacke erlitten. „Ich
habe mich zusammen mit seiner Frau um den Mann gekümmert.“ Ruhe bewahren, sei
in solchen Augenblicken größtes Gebot. Der Konstanzer, dem er damals geholfen
hat, lebt heute noch.
Angesichts der bis zu 186 Fahrten am Tag
zwischen beiden Städten, 72 Millionen transportierter Pkw und 264 Millionen
Fahrgästen seit 1928 gibt es aber wenige Zwischenfälle. Der Pendelverkehr
musste auch selten eingestellt werden. „Bis Windstärke 12 können wir noch
fahren“, berichtet er.
Seit 1987 ist der Meersburger beim Fährebetrieb
der Stadtwerke, vor fünf Jahren wurde er Schiffsführer. Markus Bauhofer kennt
die unterschiedlichen Schiffe mit all ihren Eigenheiten. So hat die immer noch täglich
pendelnde „Fritz Arnold“,
Baujahr 1963, noch drei Steuerräder, wie es früher üblich war. Das tägliche
Leben auf der Fähre sei nicht einfacher geworden. Die Stamm-Mannschaft einer Fähre
besteht nur noch aus drei Leuten, neben dem Schiffsführer ein Maschinist und
ein Kassier. „Mit diesen drei Leuten muss ich klarkommen. Wir sind viel Zeit
im Jahr zusammen unterwegs.“
Beschwerden von Fahrgästen kommen hin und
wieder vor, aber bezogen auf die Zahl der vielen Fahrten jeden Tag, sei dies
nicht gravierend. Früher sei das Verhältnis zu den Stammgästen allerdings
intensiver gewesen, findet der 45-Jährige. Er weiß nicht nur von mancher
Liebesgeschichte, die sich auf der Fähre abgespielt hat, es gab sogar einen
Stammtisch im Gastraum. „Wir haben heute noch Pendler, die seit über 20
Jahren mit der Fähre fahren“, erzählt er.
Die älteren Fähren findet Bauhofer im
Fahrverhalten eleganter. „Die Schiffe heute sind eher Arbeitsgeräte.“ Er
weiß, wovon er spricht: Am Samstag erlebt er seine dritte Schiffstaufe.
(Südkurier v. 06.05.10)