Zu Mariä Himmelfahrt am 15. August sind
zum 27. Mal etwa 3500 Gläubige aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit
Schiffen auf den Bodensee hinausgepilgert. Die Prozessionsschiffe starteten in
Lindau, Bregenz und Rorschach und trafen bei Einbruch der Dunkelheit an der
Seegrenze der drei Länder in der Fußacher Bucht aufeinander.
Pilgern ist "in", seit Prominente
beispielsweise den Jakobsweg publikumswirksam gehen. Am Bodensee wird schon seit
27 Jahren gepilgert, lange bevor das Pilgern im Trend war. Dass sich ein wahrer
Pilger nicht vom strömenden Regen abhalten lässt, beweisen 3500 Gläubige;
denn bei der Schiffsprozession am Freitag schüttet es, was die Wolken hergeben.
Es ist ein erhabenes Gefühl, wenn die sechs Schiffe ablegen und gemeinsam auf
den - heuer regenverhangenen - See hinausfahren, unter den Gebeten und Gesängen
der Gläubigen. An Bord der Schiffe sind nicht nur Menschen aus den
Anrainerstaaten des Bodensees. Ein ganzes Schiff, die MS
"Großherzog Ludwig", ist von einer russischen Pilgerdelegation
gebucht. Außerdem sind Pilger aus Polen, Italien und Frankreich mit dabei.
Das Monstranzschiff, die MS
"Alpenstadt Bludenz", beherbergt die Priester, Bischöfe und
Ordensfrauen und führt die Prozession an. Die Pilger beten für den Frieden in
der Welt und dafür, dass die Verantwortlichen erkennen, dass die Menschheit
Frieden zum Leben braucht wie Brot. Sie beten um die Gnade Gottes für die
einzigartige Kulturlandschaft am Bodensee. Mit dem "lichtreichen
Rosenkranz" an die Gottesmutter, angestimmt von Bischof Elmar Fischer aus
Feldkirch, fahren die Pilger aus Bregenz erst Richtung Lindau, um dann die
Seegrenze vor Fußach anzusteuern.
Zeichen für ein vereintes Europa
Dort positionieren sich die anderen Schiffe in
Hörweite zum Monstranzschiff, und Erzbischof Mieczyslaw Mokrzycki aus der
westukrainischen Metropole Lemberg predigt für ein friedliches Europa, erzählt
von seinem Land, das eine schwere Zeit hinter sich habe, aber auf dem Weg in ein
vereintes Europa sei. Vor allem die jungen Leute dort "setzen Impulse und
sind auf der Suche nach den wahren Werten des Lebens", wie Mokrzycki sagt,
der mehrere Jahre einer der Sekretäre von Johannes Paul II war. "Die
Menschen bei uns haben Hunger nach Gott." Das sei unter anderem sichtbar an
der deutlich gestiegenen Zahl von Taufen und Hochzeiten. "48 Millionen
Menschen leben in der Ukraine und warten sehnsüchtig darauf, ein vollwertiges
Mitgliedsland der Europäischen Union zu werden."
Im Anschluss an seine Predigt segnet der Erzbischof alle Wallfahrer, die Länder aus denen sie kommen und den Bodensee mit seinen Menschen. "Mit der Schiffswallfahrt wollen wir ein Zeichen für ein vereintes Europa setzen und dazu beitragen, dass die katholische Kirche und die Länder im 21. Jahrhundert von Einheit und Freundschaft geprägt sind."
(Lindauer Zeitung v. 18.08.08)
Petrus sei Katholik – so heißt es immer
wieder. An Maria Himmelfahrt begannen allerdings relativ viele patschnass
verregnete Wallfahrer daran zu zweifeln. Die gute Laune ließ sich allerdings
kaum jemand verderben, und trotz offener Himmelsschleusen traten sie mutig aus
der schützenden Kirche ins Freie. Nach der eindrucksvollen heiligen Messe und
den erbaulichen Worten von Bischof Markus Büchel, St. Gallen, zogen die Pilger
zu feierlichen Klängen in Richtung Hafenbahnhof, wo bereits die MS
St. Gallen wartete.
Betend ließen sich die Wallfahrer an der
Fatima-Schiffsprozession über das graue Wasser schaukeln, bis zum Treffpunkt
mit den Schiffen aus Lindau und Vorarlberg. Dabei wurde auch den fanatischsten
Sonnenanbetern klar, dass der Bodensee auch bei Wind und Wetter eine Reise wert
ist, denn spannend war die Fahrt allemal. Bei den Feiern zu Maria Himmelfahrt,
die Pfarrer Roland Eigenmann und Liberata Ginolfi organisiert hatten, begegneten
sich Italien und die Schweiz auf vielfältige Weise. Neben traditionellen Tänzen
und Gesängen der Delegation aus Pagani, Provinz Salerno, gewährten auch persönliche
Gespräche den Rorschachern einen Einblick in die italienische Kultur.
Der Lichtbildervortrag im Zentrum St. Leonhard wurde zu einem weiteren Höhepunkt dieser Begegnung. Vor allem erfuhr das hiesige Publikum dabei, was es mit der «Madonna delle Galline», der Hühner-Madonna, auf sich hat. Die Geschichte geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Damals sollen scharrende Hühner die Ikone der Madonna del Carmela ans Tageslicht gebracht haben. Das Bild war vermutlich zur Zeit der Sarazenen-Einfälle zum Schutz vor deren Übergriffen vergraben worden. Seit dieser Zeit wurde diese Mutter Gottes in dieser Region Italiens besonders verehrt. Sie wird bis heute zum Schutz von Menschen und vor allem zum Segen der Hühner, deren Vorfahren das Bild aus der Erde gescharrt haben, angerufen.
(Elisabeth v. Hospenthal/St. Galler
Tagblatt v. 18.08.08)