Lola Montez entkam über Lindaus Hafen

Lindau und Konstanz streiten sich um den Lindauer Hafen. Das nimmt die LZ zum Anlass, einen Blick in dessen Geschichte zu werfen. Und da gibt es einiges zu entdecken: Die königliche Doppelmoral um die 30-jährige Geliebte Lola Montez von Bayerns Monarchen Ludwig I. Ihr Selbstbewusstsein, ihre Überheblichkeiten und ihr teurer Lebenswandel hatten im Februar des Revolutionsjahrs 1848 zu öffentlichen Unruhen in München geführt.

Des Königs Geliebte, inzwischen zur Gräfin Landsfeld erhoben, musste fliehen und wollte zunächst in die Schweiz. Am 13. Februar kam ihre Reisegruppe in Lindau an, wo sie im südlichen Nebengebäude des Hotels "Krone" in der nach dem König benannten Ludwigstraße Quartier bezog und auf das Eintreffen ihrer weiteren "Equipage, Dienerschaft und Effekten" warten wollte. Der König hielt nun über den Lindauer Landrichter und Stadtkommissar Gaßner Kontakt zur Angebeteten, indem er den Eilbriefen an den obersten Landesbeamten in der Stadt seine Liebesbriefe zur Weitergabe beilegte. Drei der mit schwarzem Sigel verschlossenen Briefe an Gaßner sind erhalten.

Am Verhalten der Lindauer Polizeibehörde wurde indes in der Kemptener Zeitung kritisiert, dass, wenn ein bürgerlicher Handwerksbursch sich am Stadttor nicht gleich ausweisen könne, dieser sein müdes Haupt nicht in Lindaus Mauern zur Ruhe legen dürfe. Wenn ein armer Allgäuer Bauer mit zu schmalen Radfelgen in die Stadt fahren würde, dann entginge er nicht den Augen der strengen Polizei. Wenn aber eine Person wie Lola, die innerhalb von 24 Stunden das Königreich verlassen haben müsste, sich zehn Tage in Lindau aufhalte, da sehe die Polizei nichts!

100 Lindauer begrüßen Gräfin

Landrichter Gaßner berichtete über das Ende dieser Episode aus Warten, Bangen und Neugier am 24. Februar an die Regierung nach Augsburg: "Heute früh 9 Uhr ist die Frau Gräfin von Landsfeld mit dem Dampfboote Ludwig in einer Extrafahrt nach Romanshorn und von da nach Zürich und weiter in die Schweiz abgereist. Während ihres Aufenthaltes vom 13. Februar, nachts 10 Uhr bis heute früh 9 Uhr hatte die ganze Stadt ihr ruhiges und besonnenes Äußeres beibehalten.

Obwohl die Abreise-Stunde weiter hinausgesetzt war, fanden sich gegen 100 Personen auf dem Kai des Hafens ein, allein nicht nur nicht die geringste Störung fand statt, sondern die Anwesenden begrüßten durch Hut- und Mützen-Abnahme, was die Frau Gräfin durch freundliches Danken erwiderte."

Der König bat den Landrichter zwei Tage später in einem Brief, bei Gelegenheit den Lindauern mündlichen Dank für deren Aufnahme seiner flüchtenden Mätresse auszusprechen. In ihren 1851 erschienenen und wegen des für manchen damaligen Mann skandalösen Inhaltes rasch verbotenen Memoiren erwähnte Lola Montez ihre Lindauer Tage nicht.

Mit 42 Jahren starb sie 1861 in New York und wurde auf dem Brookliner Greenwood-Friedhof als Eliza Gilbert beerdigt. Im Biedermeierzimmer des Lindauer Stadtmuseums Cavazzen hängt noch heute ein Nachdruck ihres farbigen Portraits von 1847/48.

(Schwäbische Zeitung v. 08.01.08)

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