Vom Schiff bis zum Fisch


Mit Schiffen begann die Reise in die Überlinger Kulturgeschichte am „Tag des offenen Denkmals“, mit Fischen ging sie zu Ende. Stadtarchivar Walter Liehner skizzierte die Rolle der Stadt für die Infrastruktur am See, die wohl schon zur Zeit ihrer ersten Erwähnung im achten Jahrhundert eine Anlegestelle hatte, erläuterte die Entstehung der verschiedenen Häfen und vermittelte einen Eindruck der Sommerfrische am See vor mehr als 100 Jahren, als Überlingen erstmals über die Schiene angebunden wurde.

Danach konnten die Teilnehmer beim Angelverein am Gondelhafen mit frisch geräucherten Felchen auf dem Teller die vielfältigen Informationen noch einmal auf sich wirken lassen.

Den ganzen Tag über lockte die Ausstellung im Jugendcafé Besucher an, die an den Stellwänden zu einer Entdeckungstour aufbrachen, alte Schiffe in Augenschein nahmen und rätselten, wo der Dampfer auf dieser Abbildung gerade angelegt hatte. Zwar fanden die Zuhörer bei den beiden Führungen kaum Platz in dem ersten Vereinsheim des Bodensee-Yachtclubs, das wie der Club schon im Vorjahr bald 100 Jahre alt werden wird. Doch lernte mancher Überlinger auf diese Weise erstmals das Jugendcafé der Stadt kennen.

Eigentlich wäre Unteruhldingen topographisch die geeignetere Anlaufstelle für den mittelalterlichen Schiffsverkehr gewesen, erläuterte Walter Liehner, doch mit dem von den Staufern verliehenen Markt- und Stadtrecht überflügelte Überlingen den Nachbarn schnell trotz seiner Hanglage. Das so genannte „Fahr“ am heutigen Landungsplatz – etwa auf Höhe des heutigen Stegs der „Seeperle“ gelegen – war vor allem Anlaufstelle zu der Überlinger Exklave am Klausenhorn bei Dingelsdorf, nach Sipplingen, Sernatingen und Bodman. Das zuerkannte Schiffahrtsrecht hat die Stadt bald an drei verschiedene Gesellschaften abgetreten. Neben der „Schiffergesellschaft am Fahr“ verkehrte das so genannte „Zettel-Schiff“, benannt nach den Betreibern, auf den Kursen Richtung Obersee.

Die Technisierung der Schifffahrt kam zunächst nur mühsam voran. Das erste Dampfschiff im Jahr 1818 hieß „Stephanie“ und sollte bald den Kosenamen „Steh-fahr-nie“ bekommen. Da musste die Ehrengäste einer Ausfahrt schon mal von Meersburg wieder nach Konstanz zurückrudern. Dass die erste Aktiengesellschaft bald das Handtuch werfen musste, verwundert kaum. Auch die erhofften Besuchermassen für das damalige Bad ließen auf sich warten. Den „Durchbruch“ (Liehner) brachte erst die Dampfschifffahrtsgesellschaft Bodensee und Rhein ab 1830. Ab 1851 war das Bad-Hotel wieder in städtischem Besitz und zwischen 1861 und 1875 entstand mit der Befestigung des Ufers die erste schmale Promenade am See. Eine „Stadt Überlingen“ dampfte erst ab 1895 und wurde 1928 vom letzten Schaufelraddampfer abgelöst. Walter Liehner dankte insbesondere Heinz Dörr, lange Jahre Stadtrat und Leiter der Wiestorschule, der seine umfangreiche Sammlung an Fahrkarten, Postkarten und Fotografien dem Archiv zur Verfügung gestellt habe. Walfried Stetter hatte aus den vielfältigen Motiven eine spannende Bilderschau zusammengestellt, die bei den Besuchern auf großen Gefallen stieß.

(Südkurier v. 15.09.10)

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