Bregenzer Hafen im Umbau
Das
Lieblingsziel ihrer Spaziergänge ist für die Bregenzer derzeit Sperrzone,
durch die Bagger rattern. Mit
Argusaugen verfolgen die Bürger die Umgestaltung des Hafens.
Weil die Arbeiten nur beim winterlichen Niedrigwasser des Sees ausgeführt
werden können, stehen die
Baufirmen unter Zeitdruck. Bereits abgeschlossen ist das Ausbaggern des
Hafenbeckens, damit die Flotte der
Passagierschiffe, die nun an der Ostseite und mit dem Bug stadtwärts anlegen
werden, samt der «Sonnenkönigin»
genügend
Tiefgang vorfinden.
Der Zahn der Zeit
Gegenwärtig werden die alten Molen saniert, an den Sandsteinen nagte der Zug
der Zeit, der äußerste Kopf des
Blumenmolos senkte sich jedes Jahr um weitere zwei Zentimeter ab. Die seit
Jahren nicht mehr zugängliche Ostmole wird
ebenfalls saniert und soll in geänderter Linienführung die für die
Freizeitkapitäne geplante Marina gegen Wind und
Wellen abschirmen. Für ihre Liegeplätze sollten die Hobbyschiffer einen beträchtlichen
Baukostenzuschuss berappen, was
sie aber vehement ablehnen.
An
der Seeseite des Blumenmolos, der das Hafenbecken gegen Weststürme schützt,
haben Krane die bröckelnden
Steinplatten abgetragen. Sie werden durch eine lange Galerie von Sitzstufen
ersetzt, von denen die Bregenzer und ihre
Gäste auf die Festspielbühne «fernsehen» können und die Sonnenuntergänge
hinter die Schweizer Berge genießen sollen.
Den
alten und unter Schutz stehenden Baumriesen auf der Mole darf aber kein
Zweiglein gekrümmt werden. Dazu sollen mehr
Grünflächen entstehen. Die Bregenzer wollten keinen asphaltierten «Eventplatz»,
sondern möglichst eine erweiterte
Parkanlage am See. Läuft alles nach Plan, werden bereits im Mai des Jahres die
sanierten Molen wieder zugänglich sein.
Waren
die Vertiefung des Hafenbeckens und die Sanierung der Molen angesichts des
drohenden Verfalls kein Streitthema,
bergen die geplanten Hochbauten jede Menge Zündstoff.
Abstimmung über «Welle»
Der Betonkoloss der ursprünglich als Ankunftsgebäude vorgesehenen Pergola
wurde von den Bregenzern rundweg abgelehnt.
Jetzt können sie am 8. März per Stimmzettel entscheiden, ob dafür auf der
Molenwurzel die «Welle» gebaut werden soll.
Das wegen seiner geschwungenen Dachform so genannte Empfangsgebäude an der
Schiffsanlegestelle ist politisch
umstritten, die bürgerliche Rathaus-Mehrheit ist dafür, die Sozialisten ziehen
Standort und Architektur in Zweifel. Viele Bregenzer sind sich noch im Unklaren,
zumal die «Welle» gerade dort gebaut werden soll, wo seit Jahrzehnten das
geliebte Fahnenrondell steht, das als seeseitige Visitenkarte der Vorarlberger
Landeshauptstadt nostalgische
Verteidiger findet.
Einen
Sturm der Entrüstung entfachte die angeblich vom Eigner der «Sonnenkönigin»,
Walter Klaus, geäußerte Idee,
statt des alten Hafenrestaurants an der heutigen Anlegestelle für
Passagierschiffe ein Selbstbedienungsrestaurant mit
400 Sitzplätzen errichten zu wollen. Klaus bestreitet, solche Pläne zu
verfolgen.
(Gernot
Grabher/St. Galler Tagblatt v. 23.02.09)