Lärmig ist es, gestern Vormittag im
Kreuzlinger Hafen. Die dunklen Wolken hängen tief über dem Seebecken. «Platsch».
Der nasse Schlamm fällt aus der Baggerschaufel. Wie ein gewaltiger Roboter aus
einem Actionfilm sieht er aus, der blaue Bagger. Seine vier Beine stehen auf
Metallplatten. Einer vor Ort sagt dazu: «Auslegertatzen, wie bei einem Bären.»
Diese Tatzen verlagern das Gewicht des Baggers. 40 Tonnen wiegt er. Wären die
Platten nicht, würde er im Kies versinken. Dort, wo sonst Jogger am Becken
entlang rennen oder Familien am Sonntag spazieren gehen. Jetzt sperren
weiss-rote Plastikbänder den Hafenplatz ab. Die Stahlplatten am Boden ächzen
unter der Last des Baggers. Sie heben sich leicht vom Boden ab und knallen mit
voller Wucht zurück. Nur wenige Zentimeter sind es, und doch donnert es laut.
Pausenlos schaufelt der Bagger den Schlamm aus
dem Schiff am Ufer: Dieses sieht aus wie eine große Mulde, die schwimmt. In ihr
liegt Material, das sich in den letzten 25 Jahren auf dem Grund im Hafenbecken
angesammelt hat. Ein Gemisch aus Sand und Wasser. Die Baggerschaufel taucht ein
in die schwere Masse und hebt so viel heraus, wie sie zu fassen vermag. 3,5
Tonnen sind es jedes Mal. Dann fährt der Arm in die Höhe und schwenkt hinüber
zum Lastwagen, der bereit steht. Ein spezielles Gefährt: Es kann sein Dach öffnen.
In diese Lucke wird jetzt die graue Masse geleert. Und wieder: «Platsch.» Ein
Teil des Schlamms fällt daneben und landet auf dem Asphalt.
Während der vierwöchigen Ausbaggerung wird
zuerst der verschmutzte Teil entfernt: 2500 Kubikmeter Schlamm sind durch
Schwermetalle belastet. Diese seien vorwiegend vom Rhein angeschwemmt worden,
sagt Projektleiter Felix Anderes. «Es sind aber nur Spuren entdeckt worden, das
Hafenbecken ist nicht verseucht.»
Der belastete Schlamm wird zu Deponien
gebracht in Hörhausen, Frauenfeld und in der Nähe von Schaffhausen. Mindestens
zwei Stunden dauert die Fahrt zu den Deponien und zurück. Neun Lastwagen sind
dafür im Einsatz. Zu wenige, wie sich zeigt. Oder: Die anderen baggern zu
schnell. Der Baggerführer ist inzwischen aus der Fahrerkabine geklettert. Die Hände
im Sack, lehnt er an sein Gefährt an und schaut auf den See. «Wir werden so
schnell wie möglich weitere Lastwagen organisieren», sagt Anderes.
In der Hafeneinfahrt schwimmt ein Floss.
Darauf sitzt ein weiterer Bagger. Er hebt das Material aus dem See und schüttet
es in das Transportschiff. Wenn die Mulde voll ist, fährt es ans Ufer. Vom
Floss her ertönt ein lauter Pfiff. Ob er die Mittagspause ankündigt? Der
Chauffeur des blauen Baggers am Ufer ist zu weit weg, als dass er seine Kollegen
auf dem Wasser verstehen könnte. In dem Moment biegt ein Lastwagen um die Ecke.
Also doch keine Pause. Er steigt hinauf in seine Kabine und startet den Motor.
Das belastete Material (2500 Kubikmeter) wird
mit Lastwagen in Deponien abtransportiert. Der größere, nichtbelastete Teil
(5000 Kubikmeter) kommt in den See: Spezielle Schiffe mit aufklappbarem Boden
verklappen den Schlamm vor Güttingen. Die Vorbereitungen haben vor einem Jahr
begonnen. Das Projekt kostet 700 000 Franken.
(Cathrin Michael/St. Galler Tagblatt v.
04.05.11)