Büchner-Preisträger Martin
Mosebach ist das Zugpferd der diesjährigen Schiffs-Literatour auf dem Bodensee
Martin Mosebach polarisiert. Die einen bezeichnen den 60-jährigen aus Frankfurt als einen Schriftsteller, „der stilistische Pracht mit urwüchsiger Erzählfreude verbindet und dabei ein humoristisches Geschichtsbewusstsein beweist, das sich weit über die europäischen Kulturgrenzen hinaus erstreckt“. Andere halten ihn für einen politischen und religiösen Reaktionär, der „in einem sehr verschmuckten und gespreizten Prunkstil mit affektierten Vokabeln und verzopften Phrasen aus der bürgerlichen Mottenkiste des 19. Jahrhundert schreibt“. Beide Urteile stammen von Menschen, die sich mit Literatur auskennen. Das Lob stammt von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und diente als Begründung für die Verleihung des Georg-Büchner-Preises 2007 an Mosebach. Der Verriss stammt aus der Feder der Literaturkritikerin Sigrid Löffler. Am Samstag, 24. September, kann sich jeder selbst davon überzeugen, wer Recht hat in dem Streit. Denn dann liest Martin Mosebach auf der diesjährigen Literatour des Internationalen Bodensee Club (IBC). Auf der MS Graf Zeppelin wird der Frankfurter Autor aus seinem 2010 erschienen Roman „Was davor geschah“ lesen.
Einmal im Jahr versammelt der IBC
Literaturfreunde auf einem Schiff auf dem Bodensee und lädt zum Lesenachmittag
in entspannter Atmosphäre. Getreu der grenzüberschreitenden Ausrichtung der
Veranstaltung sind Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz dabei.
Neben Mosebach lesen in diesem Jahr auch Beatrice von Matt und Rolf Lappert aus
der Schweiz und Monika Helfer aus Österreich. Spannend dürfte dabei vor allem
die Lesung des Zürichers Rolf Lappert werden. Mit seinem 2008 erschienen Roman
„Nach Hause schwimmen“ hat er auch in Deutschland euphorische Kritiken
erhalten. Das Werk schaffte es ins Finale um den Deutschen Buchpreis 2008 und
musste sich am Ende Uwe Tellkamps „Der Turm“ geschlagen geben. Wenige Wochen
später wurde der Roman doch noch hoch dekoriert – mit dem Schweizer
Buchpreis. Lapperts lakonischer Grundton und seine skurrilen Einfälle brachten
dem Autoren sogar Vergleiche mit John Irving ein. Bei der Literatour stellt der
Schweizer seinen 2010 erschienen Roman „Auf den Inseln des letzten Lichts“
vor. Hierin geht es um die Geschwister Megan und Tobey, die trotz aller
Unterschiede eine besonders enge Bindung haben. Als Megan eines Tages
verschwindet, beginnt Tobey eine Suche, die für ihn zu einem lebensgefährlichen
Abenteuer wird.
Die mehrfach ausgezeichnete österreichische
Autorin Monika Helfer liest auf der MS Graf Zeppelin aus dem Roman „Bevor ich
schlafen kann“. Darin geht es um eine Frau am Rande des Todes, die ihre Liebe
verliert und sich nun ganz neu erfinden muss. Die vierte Autorin der
Schiffsreise ist Beatrice von Matt. Die langjährige Literaturredakteurin der
Neuen Züricher Zeitung präsentiert ihr Buch „Mein Name ist Frisch“, in dem
sie Begegnungen mit dem Schweizer Autor Max Frisch aufgezeichnet hat. Frisch wäre
in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.
(Michael Lünstroth/Südkurier v. 02.09.11)