Der Steg
polarisiert
Befürworter und Gegner
des geplanten 260 Meter langen Schifffahrtssteges in Altnau kreuzten an einer
Podiumsdiskussion am Montagabend die Klingen. Die Meinungen sind gemacht.
Auf Einladung der
FDP-Ortspartei diskutierten Regierungsrat Kaspar Schläpfer, Maya Iseli, Co-Präsidentin
des WWF Bodensee/Thurgau, Toni Kappeler, Präsident von Pro Natura Thurgau,
sowie Hermann Hess, Verwaltungsratspräsident der Schweizerischen
Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft SBS, im Martinshaus über den geplanten
Anlegesteg für die öffentliche Personenschifffahrt.
Dass das Thema über
zwei Jahre nach dem Publikwerden der Pläne noch immer die Gemüter bewegt,
zeigte der Publikumsaufmarsch: Rund 100 Interessierte, darunter auch Behördenvertreter
anderer Seegemeinden, verfolgten die engagierte Diskussion.
Planer Thomas
Oesch lieferte eingangs die Fakten zum Projekt: Damit die SBS-Schiffe mit einem
Tiefgang von 2,2 Meter in Altnau anlegen können, muss ein 260 Meter langer Steg
durch die Flachwasserzone bis zur Seehalde gebaut werden. Das erste Teilstück
von 75 Metern ist als Badesteg bereits bewilligt. Rund um den Bodensee gibt es
einige maximal 125 Meter lange Stege, beispielsweise in Immenstaad,
Friedrichshafen oder Langenargen.
Beat Pretali,
Gemeindeammann und FDP-Mitglied, moderierte das folgende Gespräch. Kaspar Schläpfer
hob die im Richtplan festgehaltene Forderung nach zusätzlichen Anlegestellen am
Obersee hervor. Aus Sicht des Kantons sei Altnau klarer Favorit, die Gemeinde
verfüge über die günstigsten Voraussetzungen. Die Strecke Bottighofen–Romanshorn
ohne Anlegestelle sei zu lang. Der Bau des Steges würde rund 1,5 Millionen
Franken kosten. Schläpfer stellte in Aussicht, dass der Kanton die Hälfte der
Kosten übernehmen könnte – vorausgesetzt der Gesamtregierungsrat und der
Grosse Rat stimmten diesem Vorschlag seines Departementes zu. Er verwies auf die
mögliche Attraktivitätssteigerung des Seedorfes, das Plus für den Tourismus.
«Mit dem Steg ist jeder Quadratmeter Grundeigentum in Ihrer Gemeinde zehn
Franken mehr Wert.»
Auch Hermann Hess
plädierte für den Bau des Stegs in Altnau. «Die Schifffahrt lebt von
Zustiegsmöglichkeiten.» Der Tourismus im Thurgau sei unterentwickelt, dabei würden
sich gerade hier Investitionen lohnen. Der Verwaltungsratspräsident der SBS
forderte die Altnauer Stimmbürger, die im Juni 2007 für das Seeuferprojekt und
die Fertigstellung des Hafens einen Gesamtkredit von 11,3 Millionen sprachen,
dazu auf, sich von den Umweltverbänden nicht verunsichern zu lassen. «Es gibt
nicht nur die Ansicht des gestörten Landschaftsbildes. Stünde ein solcher Steg
schon seit 100 Jahren, würden die gleichen Kreise gegen einen Abbruch desselben
opponieren.»
Anders sahen das
die Vertreter von WWF und Pro Natura. Maya Iseli wiederholte die Forderung nach
einem gesamtheitlichen Uferschutzkonzept. Bereits seien 60 Prozent des Ufers
verbaut, Eingriffe müssten daher wohlüberlegt sein. Iseli erwähnte zudem,
dass der Tagestourismus, der mit dem Steg gefördert werde, wiederum Verkehr
anziehe. Der 260 Meter lange Steg bedeute einen massiven Eingriff in die
Landschaft und widerspreche sämtlichen Richtlinien.
Toni Kappeler
bezweifelte die positive Kosten-Nutzen-Bilanz der Anlagestelle. Der einzige mögliche
Nutzen sei der Tagestourismus, der jedoch kein Qualitätstourismus sei. Durch
einen Steg in der Flachwasserzone verliere das Schwäbische Meer an Bedeutung.
Im Flachwasser werde außerdem ein empfindliches Ökosystem gestört.
Die Stimmen in der
anschließenden Diskussion waren geteilt. «Mögen Sie uns diesen Steg nicht gönnen?»,
hieß es in Richtung Umweltverbände, vor allem von einheimischen Votanten,
welche das Projekt als große Chance werten und sich über das Einmischen von außen
ärgern. Andere wiederum sehen im Steg einen ästhetischen Sündenfall, dessen
Nutzen schlicht fraglich ist. Klar wurde am Montagabend: Die Meinungen sind
gemacht. Und will Altnau die Schifffahrt, dann kommt die Gemeinde am Steg nicht
vorbei. Die öffentliche Auflage des Projekts soll noch in diesem Frühling
erfolgen.
(Martina Eggenberger /St. Galler Tagblatt v. 13.03.08)