Die Wogen haben sich geglättet
Andreas Keller, der Generalsekretär im
Departement für Inneres und Volkswirtschaft (DIV), ist erleichtert. «Es ist
ein Dialog in Gang gekommen.» Bei der Bodenseeflotte haben sich die
Konfliktparteien am Montag unter Vermittlung des Kantons zu Verhandlungen bereit
erklärt.
Letzte Woche standen die Zeichen noch auf
Sturm. Angestellte der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS)
waren nach Frauenfeld gefahren, um vor dem Regierungsgebäude gegen schlechtere
Arbeitsbedingungen zu protestieren und Regierungsrat Kaspar Schläpfer um Hilfe
zu bitten.
Vertreter des Schweizerischen Eisenbahn- und
Verkehrspersonal-Verbandes (SEV) warfen der SBS vor, im Umgang mit den
Mitarbeitern im Mittelalter stehengeblieben zu sein.
Die Wogen haben sich mittlerweile geglättet.
Bei der Aussprache Anfang Woche haben sich die Konfliktparteien auf eine
Vereinbarung mit fünf Punkten geeinigt, wie es in einer Mitteilung des Kantons
von gestern heißt. Dazu mussten beide Seiten Zugeständnisse machen. Die SBS-Führung
anerkennt den SEV als Verhandlungspartner, was letzte Woche noch nicht der Fall
war.
Und sie gewährt ihm Einblick in die Bücher.
Die Gewerkschaft umgekehrt billigt der SBS einen «erheblichen Sanierungsbedarf»
zu und ist sich bewusst, dass auch die Angestellten «einen Beitrag» zur
Gesundung des Unternehmens leisten müssen.
Wie weit sie dabei zu gehen bereit sind,
konnte SEV-Sekretär Peter Hartmann gestern Nachmittag nicht sagen. Der
Verhandlungsspielraum wurde erst am Abend im Rahmen einer Betriebsversammlung
der SBS-Mitarbeiter festgelegt. Bis jetzt wollten diese nur Hand bieten zu Lösungen,
die sie nicht im Portemonnaie merken.
SBS-Verwaltungsratspräsident Hermann Hess
hatte letzte Woche aber unmissverständlich klargemacht, dass längere
Arbeitszeiten allein nicht reichen. «Es müssen jetzt alte Zöpfe abgeschnitten
werden, die uns viel Geld kosten.»
Genau diese alten Zöpfe, geregelt in den
allgemeinen Vertragsbedingungen, sind nun Verhandlungsgegenstand. Dabei geht es gemäß
Hess um Vergütungen für Sonntagsarbeit, Zeitzuschläge oder Vergünstigungen.
«Hier müssen wir etwas machen, sonst sinkt das Unternehmen irgendwann.
» Es gebe einen Mitarbeiter, der heute fast
gar nichts anderes mache, als alles rauf- und runterzurechnen – und am Schluss
reklamiere doch jeder.» Wir müssen pragmatischer werden», sagt Hess. Ziel
aller Bemühungen müsse «eine finanziell gesunde SBS sein, die mit
selbsterarbeiteten Mitteln in die Zukunft investieren kann.» Er sei
zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde. Denn auch die Mitarbeiter sähen
ein, dass es so nicht weitergehen könne. «Und wir wollen sie behalten.»
Auch SEV-Sekretär Hartmann glaubt, dass eine
Einigung möglich ist. «Letztlich kann sich niemand erlauben, etwas zu
unternehmen, das den Interessen des Personals, der Firma und des Bodensees
zuwiderläuft. Das wäre schlimm für die Schifffahrt.»
Bis die neuen allgemeinen Vertragsbedingungen
ausgehandelt sind, was «so schnell als möglich» und unter Ausschluss der Öffentlichkeit
passieren soll, werden keine neuen Einzelarbeitsverträge abgeschlossen.
Einzige Ausnahme sind Einstellungen im
Gastrobereich auf der Grundlage des Landesgesamtarbeitsvertrags.
Der Kanton unterstützt die Verhandlungen,
indem er mit dem Kreuzlinger Rechtsanwalt Hans-Ulrich Grauer einen Moderator
stellt und auch dessen Bezahlung übernimmt.
Bei der SBS arbeiten derzeit 75 Fest- und 50
Teilzeitangestellte.
(Markus Schoch/St. Galler Tagblatt v. 30.04.09)