Bodenseeflotte wieder auf Kurs

Im Arbeitskonflikt bei der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) zeichnet sich eine Einigung ab. Beide Seiten machen Konzessionen: Die Mitarbeiter wollen gratis mehr arbeiten, die Eigentümer verzichten auf Lohnkürzungen.

Ende April hatten sich die Eigentümer der Bodenseeflotte und der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonalverband (SEV) an einem Vermittlungsgespräch mit dem Kanton darauf geeinigt, den Konflikt am Verhandlungstisch auszutragen und so schnell als möglich eine Lösung zu suchen.

Nur gut zwei Wochen später ist sie mit Hilfe eines Vermittlers bereits gefunden. Die SBS-Mitarbeiter haben das Ergebnis am Dienstag an einer Betriebsversammlung einstimmig abgesegnet.

Zwei Stunden länger arbeiten

Die Beteiligten seien sich einig gewesen, dass die SBS nur mittelfristig saniert und damit langfristig überleben könne, wenn beide Seiten einen Beitrag zur Gesundung des Unternehmens leisten würden, heißt es in einer Mitteilung. Die ursprünglichen Vertragsänderungen, die das Personal am 23. April auf die Strasse getrieben hatten, sind vom Tisch.

Die Mitarbeiter haben sich bereit erklärt, ab sofort jede Woche 42 Stunden (zwei mehr als heute) zu arbeiten und die Hälfte der Beiträge an die berufliche Vorsorge (BVG) und die Taggeldversicherung zu übernehmen. Mehr könne man von ihnen nicht verlangen, sagt SEV-Sekretär Peter Hartmann. Wie viel Geld den einzelnen am Schluss im Portemonnaie fehlt, konnte er nicht sagen.

Als Erfolg wertet Hartmann, dass der Bruttolohn der Mitarbeiter nicht gekürzt wird, was ursprünglich zur Debatte stand. «Dieser Punkt war zentral für das Personal.» Eigentlich wollten die SBS-Mitarbeiter gar keine finanziellen Zugeständnisse machen. Dass sie jetzt doch gewisse Abstriche machen müssten, sei ein Wermutstropfen. Immerhin gehe das Geld in die eigene Tasche.

Wegen der Schieflage der SBS nach dem Verlust von 800.000 Franken 2008 haben in den letzten Wochen sechs Personen die Kündigung erhalten, vor allem in der Geschäftsleitung und der Verwaltung. Weitere Entlassungen sind nicht geplant, sagt Felix Ludwig, Vizepräsident im Verwaltungsrat der SBS.

Mehr Flexibilität für SBS

Mit dem Verhandlungsresultat ist er zufrieden, auch wenn es nicht optimal sei. «Es sind die richtigen Schritte eingeleitet worden. Und vor allem sehr schnell», freut sich Ludwig.

So habe verhindert werden können, dass mit verunsicherten Mitarbeitern in die Saison gestartet werden müsse. «Das wäre das Schlechteste gewesen.»

Kurzfristig sei der Spareffekt zwar gering im tiefen sechsstelligen Bereich. Die SBS erhalte aber bedeutend mehr Flexibilität, was sich mittel- und langfristig auszahlen werde, ist sich Ludwig sicher. Denn die Mitarbeiter würden arbeitsrechtlich nicht mehr länger über einen Kamm geschert. «Das ist ganz wichtig», betont Ludwig.

Neu wird differenziert. «Künftig werden alle Angestellten und Betriebsteile den jeweiligen gesetzlichen Regularien unterstellt», sagt Ludwig. Gleichzeitig werde das heutige Lohnklassensystem aufgehoben.

Auch die bisher komplizierte Lohnstruktur wird vereinfacht. Die meisten Zulagen sind künftig Teil des Bruttolohns.

Ruf nach Staatshilfe

Die SBS-Angestellten fordern von den Gemeinden und dem Kanton ein größeres finanzielles Engagement bei der SBS, um den Betrieb zu sichern. «Sie stehen in der Pflicht», sagt SEV-Sekretär Peter Hartmann. Allein der Unterhalt der Schiffe verschlinge Unsummen.

Zumindest vom Kanton dürfte es nicht mehr Geld geben. Bei der Übernahme und bei späteren Verhandlungen sei den neuen Besitzern ganz klar kommuniziert worden, dass der Uferverkehr mit höchstens 300.000 Franken abgegolten werde, sagt Werner Müller, Leiter der Abteilung öffentlicher Verkehr/Tourismus.

An dieser Obergrenze werde nicht gerüttelt. Für die Fährverbindung zwischen Romanshorn und Friedrichshafen gibt es von Bund, Kanton und Gemeinden 700.000 Franken.

Felix Ludwig von der SBS erwartet nicht höhere Abgeltungen, kann sich aber staatliche Hilfe für konkrete Vorhaben vorstellen.

(Markus Schoch/St. Galler Tagblatt v. 13.05.09)

 

Einigung zwischen SBS und Personal in Sicht

Im Arbeitskonflikt zwischen der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrts-Gesellschaft (SBS) und deren Belegschaft bahnt sich eine Lösung an. Die Eigner leisten finanzielle Verzichte, das Personal arbeitet länger und übernimmt die Hälfte der BVG-Beiträge.

Wie der vom Thurgauer Volkswirtschaftsdepartement als Vermittler eingesetzte Kreuzlinger Bezirksgerichtspräsident Hansulrich Grauer am Mittwoch mitteilte, sollen die Neuregelungen rückwirkend ab dem 1. Mai gelten. Das Personal habe den neuen Anstellungsbedingungen am Dienstagabend zugestimmt.

Ende April hatte das SBS-Personal das Volkswirtschaftsdepartement um Vermittlung im Konflikt mit den Privateigentümern der Schweizer Bodenseeflotte gebeten. Diese hatten dem Personal neue Arbeitsverträge mit deutlich niedrigeren Löhnen und längerer Arbeitszeit vorgelegt.

Länger arbeiten zum gleichen Lohn

Zudem war fünf Angestellten gekündigt worden. Die Gewerkschaft SEV wurde von den Flotteneignern anfänglich nicht als Verhandlungspartner akzeptiert. SEV-Sekretär Peter Hartmann zeigte sich am Mittwoch mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden.

Zwar müssten die SBS-Beschäftigten künftig 42 statt bisher 40 Wochenstunden lang arbeiten; aber die Bruttolöhne einschließlich Zulagen würden nicht gekürzt. Gleichzeitig würden die Beiträge für die Pensionskasse und die Taggeldversicherung neu hälftig geteilt. Bisher wurden sie überwiegend von der SBS bezahlt.

Verwaltung straffen

Die Kündigungen bleiben aufrecht erhalten - sie sind Teil des Vorhabens der Eigner, die Verwaltung der SBS zu straffen. Die Schifffahrtsgesellschaft steckt derzeit tief in den roten Zahlen: 2008 hatte sie 800.000 Franken Verlust ausgewiesen.

Die SBS befindet sich erst seit Anfang 2007 im Besitz von fünf Schweizer Aktionären und des Eigners der österreichischen Bodenseeflotte, Walter Klaus. Verwaltungsratspräsident ist der Amriswiler Investor Hermann Hess.

Nicht an Konstanzer Stadtwerke

Zuvor hatte sie der SBB gehört, die sie 2006 an die Stadtwerke Konstanz (D) verkaufen wollte, welche die deutsche Bodenseeflotte betreibt. Dagegen hatte sich Opposition erhoben.

Schließlich fand sich um Arbonia-Eigner Edgar Oehler, Hermann Hess und Walter Klaus eine Käufergruppe zusammen, die der SBB mehr bot als die 3,4 Mio. Franken, welche die Konstanzer geboten hatten. Über den tatsächlichen Kaufpreis war mit der SBB Stillschweigen vereinbart worden.

Nach der SBS-Übernahme rumorte es in der Flottenverwaltung: Die Geschäftsführer wechselten häufig und schnell. Und 2008 fuhren die Schiffe dann dicke rote Zahlen ein.

(St. Galler Tagblatt v. 13.05.09)

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