Nach den jüngsten Vorfällen scheint das
gutnachbarschaftliche Verhältnis der beiden Oberseegemeinden nachhaltig getrübt.
Fast zeitgleich haben erst Güttingen und dann Altnau letzte Woche bekannt
gegeben, dass sie von ihren Häfen aus eine See querende Schiffsverbindung ans
deutsche Ufer anbieten. Güttingen hat ein Charterschiff des Romanshorner
Eigners Rudolf Fürst, das alle zwei Wochen nach Hagnau und Immenstaad sticht.
Altnau holt die Schweizerische Bodensee Schifffahrt ins Boot und fährt dreimal
wöchentlich mit vier Kursen nach Hagnau und Immenstaad (die TZ berichtete).
Am Dienstag ging der Güttinger Gemeinderat in
die Offensive. Er warf den Altnauer Kollegen öffentlich vor, diese hätten ihn
nicht über den Stand ihres Projekts informiert. Es sei der Eindruck entstanden,
dass man – nach gemeinsamen Planungen – bewusst im Ungewissen gelassen
wurde. Es passiere nicht zum ersten Mal, dass Verantwortliche der Gemeinde
Altnau bruchstückhaft informierten oder auch Abmachungen ignorierten.
Güttingens Gemeindeammann Eugen Staub macht
heute klar: «Hätten wir gewusst, dass die Linienverbindung in Altnau kommt,
dann hätten wir sicher nicht den Charterbetrieb organisiert.»
Ganz anders tönt es aus Altnau, das sich
nicht verleumden lassen will. «Es kann wohl niemand behaupten, man hätte von
den Bestrebungen Altnaus in Sachen See querende Verbindung nichts gewusst»,
wehrt sich der dortige Gemeindeammann Beat Pretali vehement. In der Tat: Schon
vor Jahren äußerte er in den Medien den Wunsch nach einer Verbindung nach
Hagnau, 2005 gab es Gespräche mit dem Regierungsrat und Konzessionsgesuche
wurden verfasst. Güttingen habe sich erst vor einem Jahr eingeklinkt. Da sich
die Suche nach einem Betreiber schwierig gestaltete, habe Güttingen dann wohl
andere Ziele verfolgt. «Darüber wurden wir aber auch nicht informiert», sagt
Pretali.
Altnau habe sich stets um eine fahrplanmäßige,
See querende Linienverbindung bemüht und verfüge mit dem Schifffahrtssteg auch
über eine geeignete Anlage, macht Pretali klar. Die Schweizerische Bodensee
Schifffahrt habe schließlich den Dreiecks-Verkehr zwischen Immenstaad, Hagnau
und Altnau vorgeschlagen. Kanton und Gemeinden übernehmen die Defizitgarantie.
Es handelt sich um einen Versuchsbetrieb für eine Saison. Altnau wird bis
September 200 Mal angesteuert, nach Güttingen gibt es nur sechs Fahrten. Die
Angebote sind also nicht vergleichbar.
Tragisch: Altnau und Güttingen sitzen im
gleichen Tourismusverbund, der «Sonnenecke». «Entweder bringen sich die
Altnauer vorbehaltlos in die Gemeinschaft ein oder sie treten aus.» Es sei
dringend nötig, dass die Tourismusorganisation neu strukturiert werde,
kritisiert Staub. Altnau stehe zu sehr im Vordergrund.
Beat Pretali sieht keinen Grund für
Anpassungen. Die «Sonnenecke»-Gemeinden seien gleichberechtigt, jede habe eine
Stimme. «Was Güttingen aktuell macht, das ist schlechteste Tourismus-Werbung
und nicht unser Stil.» Beharren die Behörden auf ihren Positionen, ist eine
rasche Schlichtung des Streits unwahrscheinlich.
(Martina Eggenberger Lenz/St. Galler Tagblatt v. 04.06.11)