«Sonnenkönigin»
– ein Stilbruch
Wie von einem anderen Stern gekommen, liegt die «Sonnenkönigin»
dunkel schimmernd im Bregenzer Heimathafen. Die
Vorarlberger sind geteilter
Meinung über den Anblick. «Endlich etwas Neues am See», sagen die einen. Die
schwimmende
Eventplattform sei «grundhässlich» und ein «Monster», sie passe nicht in
den Hafen und sei ein Fremdkörper auf dem
Bodensee, sagen andere.
Anfänglich enttäuscht
Etwas enttäuscht war der Eigner Walter Klaus schon, als zur Ausfahrt zum
Taufplatz vor Friedrichshafen wohl die
geladenen Gäste über den roten Teppich an Bord strömten, sich am Bregenzer
Hafenbecken die Reihen der erwarteten
Zaungäste aber nur sehr schütter ausnahmen. Zum Tag der offenen Tür jedoch
kamen Tausende Neugierige an Bord, um das
Innenleben der «Sonnenkönigin» sehen zu können.
Viele waren begeistert wie die Belegschaft eines Vorarlberger Unternehmens, die
mit dem Luxusliner zur Firmenfeier
auslief. Eigner Walter Klaus war offensichtlich erleichtert über die
Doch-noch-Akzeptanz und schaltete ein
Zeitungsinserat, in dem er sich bei den Fans der «Sonnenkönigin» bedankt. In
der «eindeutig positiven Einstellung» zum
neuen Schiff sehe er eine schöne Bestätigung für das Werk, das seine
Mitarbeiter und er geschaffen hätten, verkündet
Klaus in der bezahlten Anzeige.
«Das Schiff verrät die Handschrift eines Baumeisters, es ist nicht
durchgestylt», kritisierte ein Vorarlberger
Architekt, nachdem Walter Klaus verraten hatte, den Grundentwurf habe er selbst
skizziert. «Es fehlt nur noch ein
Erker», ätzte ein Designer über die Form. «Sehr gewöhnungsbedürftig» oder
«Ich habe schon schönere Schiffe gesehen»
lauteten mildere Kritiken. «Superschön» und «Endlich einmal etwas Neues am
See» waren zustimmende Urteile.
Harte Medienkommentare
Hart ins Gericht mit der Formensprache der «Sonnenkönigin» gingen
Vorarlberger Pressekommentare. «Bregenz ist nicht
Monte Carlo», schrieb ein Journalist. Einzigartig sei das Schiff wohl, aber
dies träfe auch für einen Pinguin in der
Sahara zu. Tatsächlich wirkt das jetzt in Bregenz liegende Schiff neben dem
kleinen Hafengebäude aus der Kaiserzeit wie
ein Fremdkörper. Am Ufer dahinter erhebt sich auch die 1895 errichtete
Hauptpost im Formenstil der Neorenaissance.
Schon besser mit der «Sonnenkönigin» korrespondiert in Sichtweite das
Bregenzer Kunsthaus des Schweizer Architekten
Peter Zumthor mit seiner Fassade aus Milchglaspaneelen. Noch besser ins Bild könnte
die «Sonnenkönigin» passen, wenn
sich die Bregenzer zur «Welle» als neues Hafengebäude durchringen, nachdem
die erdrückende «Pergola» an der
Volksmeinung gescheitert ist. Ein weiterer Vorarlberger Leitartikler erbost sich
über die Namensgebung für den
«Eventklotz», der im Hafen die Sicht verstelle. Schiffe auf dem Bodensee habe
man traditionell nach Regionen oder
Städten getauft, «Sonnenkönigin» sei eine Dreistigkeit.
(Gernot
Grabher/St. Galler Tagblatt v. 25.09.08)
Klaus
soll "Welle" finanzieren
Chaos pur in der Diskussion um die Neugestaltung des Hafens in Bregenz. Während
sich die politischen
Parteien rund um Bürgermeister Markus Linhart und Stadtrat Michael Ritsch in
den Haaren liegen und ein Vorankommen des
Projekts blockieren, tun sich bereits neue Fragen auf.
Kosten-Nutzen-Prinzip
In erster Linie ist es die Finanzierung des gesamten Projekts, die eine
Realisierung zum jetzigen Zeitpunkt
bezweifeln lässt. Wie Illwerke/VKW-Vorstand Christof Germann gegenüber den
„VN" bereits erklärt hatte, verfahre man bei
der Aufteilung der Kosten vor allem nach einem Prinzip: Wer den Nutzen hat,
bezahlt.
Nun ist der Nutzen bei den meisten Punkten des Projekts klar ersichtlich (siehe
Grafik). Bei einem sehr wesentlichen
Eckpfeiler tut sich allerdings ein großes rotes Fragezeichen auf: Beim
Hafenempfangsgebäude nämlich.
Das soll bekanntermaßen auf dem Grund und Boden der Hafen GmbH (Illwerke, Hypo,
Stadt) entstehen, den eigentlichen
Nutzen hätte aber Flottenbesitzer Walter Klaus mit seinen Vorarlberg Lines. Wer
kommt also für den Bau der „Welle" auf?
Geht es nach der Hafen Bregenz GmbH natürlich Walter Klaus. Man stecke derzeit
in Verhandlungen, bis nächste Woche
sollen diese abgeschlossen sein, versicherte Illwerke/VKW-Vorstand Christof
Germann gestern gegenüber den „VN".
Kostenfrage
Walter Klaus hatte sich ursprünglich ein zweites Empfangsgebäude für die
zahlreichen Schiffsgäste, die Bregenz
jährlich empfängt, gewünscht. Mit den anfänglichen Plänen, der umstrittenen
„Pergola" war der Geschäftsmann dem
Vernehmen nach so unzufrieden, dass er selbst einen Plan für ein neues Hafengebäude
zeichnete und den Architekten
Nägele/Ritsch/Spagolla/Waibel vorlegte. In den letzten Tagen sollen die
Verhandlungen um den Bau der nunmehrigen
„Welle" ihren Höhepunkt erreicht haben. Klaus weigere sich, laut den
„VN" vorliegenden Insider-Informationen, für ein
Bauwerk die Kosten zu tragen, das nicht auf seinem eigenen Grund stehe. Bislang
ist nicht bekannt, wie Klaus zum neuen
Erscheinungsbild, der „Welle", steht und ob seine Meinung diesbezüglich
sich womöglich bereits geändert hat – für die
„VN" war der Unternehmer gestern nicht erreichbar.
Große Sonnenkönigin
Walter Klaus hatte sich Ende 2005 mit 25,1 Prozent am Ankauf der ÖBB-Schifffahrt
beteiligt – er übernahm damit die
gesamte Schiffsflotte, darunter die MS
Vorarlberg, die MS Austria, die
Motorschiffe „Österreich",
„Stadt Bregenz",
„Alpenstadt Bludenz" und „Montafon",
sowie das Motorboot „Feldkirch".
Seit vergangener Woche verrichtet denn auch die
MS Sonnenkönigin, Walter Klaus‘ höchstselbst designtes Luxusschiff, ihren
Charter-Dienst auf dem Bodensee. Nicht
zuletzt der enorm großen Sonnenkönigin wegen muss das Hafenbecken in Bregenz
schnellstmöglich ausgebaggert werden.
(Vorarlberger
Nachrichten v. 24.09.08)
Politik
lähmt Hafenprojekt
Mit harten Bandagen wurde beim gestrigen "VN"-Stammtisch zur
Neugestaltung des Bregenzer Hafens gekämpft.
SPÖ und ÖVP werden sich über Hafenprojekt und Bürgerbeteiligung nicht einig.
SPÖ-Stadtrat
Michael Ritsch, der noch am gestrigen Nachmittag den Antrag auf eine
Volksabstimmung zum geplanten
Hafenempfangsgebäude eingebracht hatte, beharrte auch im Gespräch vor allem
auf einer Forderung: „Der Bregenzer Hafen
soll für die kommenden 50 bis 100 Jahre umgestaltet werden – da müssen die
Bregenzer Bürger bei der Entscheidung das
letzte Wort haben“, so Ritsch. Großer Gegner dieses Antrags am Podium war
Markus Linhart (ÖVP): „Als gewählte Mandatare
sollen wir ausreichend Kompetenz haben, auf Grund des Feedbacks aus der Bevölkerung
eine Entscheidung zu treffen“, so
der Bregenzer Bürgermeister.
Hitzige Wortgefechte
Während Architekt Elmar Nägele zwar zu verstehen gab, dass er von einer
Volksabstimmung nicht viel hielte und auch
Gerti Ettenberger lapidar meinte „Die Leute haben wohl eher genug von so
vielen Unterschriften“, lieferten sich die
beiden Gemeindespitzen der konträren politischen Lager hitzige Wortgefechte um
dieses eine Thema der Bürgerbeteiligung.
Dass das Projekt längst auf Spur sein könnte, wenn die Politik sich auf eine
Vorgehensweise einigen würde, stellte
indes Illwerke/VKW-Vorstand Christof Germann, der im Publikum saß, fest:
„Wenn wir die Niederwasserperiode ausnützen
wollen, müssen wir spätestens Anfang Jänner mit dem Ausbaggern des
Hafenbeckens beginnen. Der Ball liegt bei der Stadt “, sprach er auf die
notwendigen Umwidmungen und Baubewilligungen an. „Wir haben in dieser ganzen
Hafendiskussion den
Boden der Sachlichkeit schon lange verlassen“, meinte Bürgermeister Markus
Linhart gegen Ende der Diskussion – „wir
haben ihn überhaupt nie betreten“, stimmte ihm denn auch Rechtsanwalt
Wilfried Ludwig Weh aus dem Publikum lautstark
zu.
(Vorarlberger
Nachrichten v. 24.09.08)
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