Ein Augenzeuge, der am Sonntag an Bord der
Sonnenkönigin an der von der Deutschen Telekom organisierten Informationsfahrt
zum Thema T-City teilnahm, hat gestern seiner Sorge Luft gemacht. In einem
Schreiben an unsere Zeitung teilt er mit, dass es bei besagter Charterfahrt zu
einer beinahen Schiffskatastrophe gekommen sei. Während die Menschen an Bord
den Ausführungen der Telekom lauschten, habe das Schiff mit rund 30
Stundenkilometern im dichten Nebel Kurs Richtung Westen gehalten und habe dann
alle Maschinen gestoppt, den Rückwärtsgang eingelegt und das "Manöver
des letzten Augenblicks" gefahren, weil ein anderes Fahrgastschiff auf
Kollisionskurs geraten sei.
Weitere kritische Fragen in diesem
Zusammenhang haben mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft und die Polizei auf
den Plan gerufen. Auf Rückfrage bestätigen sowohl Polizei wie auch die
Bodensee Schiffsbetriebe (BSB), Eigner des mutmaßlichen anderen Schiffes, dass
es einen Vorfall gegeben habe, man aber dazu keinerlei Stellung nehmen wolle, da
ein laufendes Verfahren anhängig sei. Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittele
in der Angelegenheit. In einem Gespräch mit dem Kapitän der Sonnenkönigin
bezeichnete er das Fahrmanöver am Sonntag als einen "ganz normalen
Bremsvorgang", der sich aus der Situation ergeben habe. Das Radar habe
einen Erfassungsradius von 400 Metern gehabt, das dort aufgetauchte Schiff, das
sich auf die Sonnenkönigin zubewegt habe, sei mit Nebelsignalen kontaktiert
worden, habe aber die Fahrt fortgesetzt. Daraufhin habe man einen Bremsvorgang
eingeleitet, bei dem die Maschinen in Gegenrichtung laufen müssten. Schiffe
haben bekanntlich keine Reifen, mit denen sie bremsen können. Bei akuter Gefahr
hingegen, so Kapitän Hans Wüstner weiter, werde das sogenannte "Crash-Stop-Verfahren"
eingeleitet, das man auch als Passagier deutlich wahrnehmen würde und das
Schiff binnen kurzer Zeit zum Stehen bringen würde. Die Geschwindigkeit gab der
Kapitän mit "18 bis 20 Stundenkilometern an, dem Nebel entsprechend".
Auch Passagiere und Vertreter der Deutschen
Telekom haben keine akute Gefahr wahrgenommen. "Einen heftigen
Bremsvorgang" habe man spüren können, das aber, so bestätigte auch der
Kapitän, sei ein ganz normaler Vorgang bei derartigen Sichtverhältnissen.
Ferdinand Tempel, Leiter der T-City-Repräsentanz in Friedrichshafen: "Das
war nicht sonderlich beunruhigend." Ähnlich urteilen andere Fahrgäste.
Laut Kapitän Wüstner habe es zu keiner Zeit eine ernste Gefahr für die
Besatzung und die Passagiere gegeben.
Bei dem anderen Schiff soll es sich um die "Uhldingen" gehandelt haben, ein 30 Meter langes und damit deutlich kleineres Schiff als die Sonnenkönigin, das 300 Passagiere an Bord nehmen kann. Aber auch das wurde seitens der BSB nicht bestätigt.
(Schwäbische Zeitung v. 14.10.08)
Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt
seit heute wegen des Vorwurfs eines Beinahe-Schiffsunglücks, das sich am
Sonntagnachmittag im Überlinger See ereignet haben soll. Das Luxusschiff „Sonnenkönigin“
soll dem Schiff „Uhldingen“
bedenklich nahe gekommen sein, heißt es in verschiedenen Darstellungen.
Von der Friedrichshafener Polizeidirektion
wird bestätigt, dass ihr die Schilderung eines Vorgangs vorliegt, der durchaus
bedenklich gewesen sein könnte. „Es gab einen Vorfall“, so ein
Polizeisprecher, ohne dass er nähere Einzelheiten nennen konnte. Beamte der
Wasserschutzpolizei in Überlingen sind derzeit dabei, die erhobenen Vorwürfe
zu klären. Die Staatsanwaltschaft Konstanz wurde eingeschaltet.
Sicher ist derzeit Folgendes: Am Sonntag war
die „Sonnenkönigin“, mit einer Kapazität von 1000 Passagieren größtes
Luxusschiff auf dem Bodensee und erst vor wenigen Tagen in Dienst gestellt, mit
rund 800 Menschen an Bord von Friedrichshafen zu einer Bodenseefahrt
aufgebrochen. Gechartert wurde das Schiff von der Deutschen Telekom. Bei starkem
Nebel ging die Fahrt in Richtung Überlinger See. Nicht namentlich genannte
Zeugen sprachen davon, dass plötzlich im Nebel in rund 200 Meter Entfernung ein
weiteres Passagierschiff aufgetaucht ist. Es hat sich dabei nach SÜDKURIER-Informationen
um die „Uhldingen“ gehandelt. Beide Schiffe gingen auf Ausweichkurs. Nichts
passierte, die Schiffe fuhren ihrer Wege. Trotzdem wurden die
Sicherheitsvorkehrungen auf der „Sonnenkönigin“ infrage gestellt.
Ein Passagier auf der „Sonnenkönigin“
wurde von einem anderen Fahrgast eine Stunde nach dem Vorkommnis gefragt:
„Haben Sie das mitbekommen? Es gab eine Fast-Kollision!“ Der Angesprochene
musste verneinen, er hatte gar nichts bemerkt, so wie viele hundert andere Fahrgäste
auch.
Der Friedrichshafener Reedereichef der
Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) Franz Dossinger übernahm die Sprachregelung der
Polizeidirektion: „Ja, es gab einen Vorfall. Mehr kann ich beim jetzigen Stand
der Dinge nicht sagen.“
Der Polizeisprecher konnte noch nicht sagen,
wann es gesicherte Informationen zu dem Vorgang auf dem Bodensee und zu den
Sicherheitsaspekten geben wird.
(Südkurier v. 13.10.08)