Der alkoholisierte und offenbar psychisch beeinträchtigte Mann konnte von der
Polizei auf der Brücke des Schiffes festgenommen werden. Passanten, denen das
im Hafen treibende Schiff und die Horntöne aufgefallen waren, hatten die
Einsatzkräfte alarmiert. Der festgenommene 51-Jährige gab als Motiv an,
einfach einmal mit der "Sonnenkönigin" fahren zu wollen.
Hartnäckig: Zweiter Versuch!
Gegen 10:30 Uhr verschaffte sich der Mann am Donnerstag trotz Wachmann erneut
Zutritt auf das Schiff und konnte abermals auf die Brücke gelangen. Dort betätigte
er das Signalhorn, die Leinen konnte er nicht wieder lösen. Der Mann wurde
schließlich verhaftet und zur Vernehmung auf den Polizeiposten Bregenz
gebracht.
(Südkurier v.
25.06.09)
Wirrkopf
will mit "Sonnenkönigin" davonschippern
Fahrradklau?
Autodiebstahl? Das ist alles Alltag: Dass aber jemand versucht, unerlaubt mit
einem Passagierschiff davonzukommen, darf als ungewöhnlich gelten - vor allem,
wenn es sich um die "Sonnenkönigin" handelt, das größte und
teuerste Schiff auf dem Bodensee. Trotzdem hat am Donnerstag ein einsamer Täter
den Versuch im Hafen der Vorarlberger Hauptstadt Bregenz gestartet.
Angenommen,
der millionenschwere Unternehmer Walter Klaus wäre Frühaufsteher, dann hätte
er am Donnerstag gegen 4.30 Uhr einem seiner schlimmsten Albträume live
beiwohnen können. Er logiert nämlich luxuriös im ehemaligen Gasthaus Haggen
an der Auffahrt zum Pfändergipfel. Von der Terrasse hat man einen herrlichen
Blick. Besonders gut sichtbar: der Bregenzer Hafen. Und dort tat sich im
Morgengrauen Seltsames. Klausens 13 Millionen Euro teures Riesenpassagierschiff
"Sonnenkönigin" machte Anstalten, auszulaufen.
Leinen
lösten sich, das Licht ging an, Signaltöne erschallten. Alles geschah völlig
ungeplant - als hätte sich ein Geist der "Sonnenkönigin" bemächtet.
Des Rätsels Lösung: Auch auf dem Bodensee gibt es Piraten, wenn auch keine
richtigen. Eigentlich dreht sich die Geschichte nur um einen 51-jährigen,
psychisch gestörten Mann, der seinen Zustand mittels Alkohol noch einwenig
gesteigert hatte. Nach einem Schiffsbesuch am Vortag war er an Bord geblieben.
Seine Kaperabsicht hatte er offenbar schon voll entwickelt. Am frühen Morgen
ging der Mann ans Werk - bis ihm die Polizei in die Hände griff.
"Er
sagte uns, er wollte einfach mal mit der Sonnenkönigin fahren", berichten
die rasch eingetroffenen Bregenzer Beamten. Sie schauten recht perplex. Einmal
ist Randale in den Bodenseehäfen noch eine Seltenheit. Deshalb werden die
Schiffe bloß abgeschlossen und nicht extra bewacht. Zum zweiten ist ein
Kaperversuch in dieser Größenordnung schon etwas anderes als ein manchmal
vorkommender Sportboot-Klau.
Um
ähnliches zu finden, muss man schon in die Geschichte eintauchen - etwa bis in
den Dreißigjährigen Krieg. Schwedische Brandschatzer setzten sich auch am
Schwabenmeer fest, gingen auf Kaperfahrt. Salzschiffe waren begehrt. Gute 150
Jahre später, 1809, schlugen Freischaren aus dem Tiroler Aufstand des Andreas
Hofer zu. Sie segelten in den Konstanzer Hafen, nahmen aber dann lieber gleich
die ganze Stadt ein. Das versprach wohl mehr Beute. Was aber jemand mit der
"Sonnenkönigin" hätte machen können, liegt im Dunkeln.
Verscherbeln? Nein, das ist keine ernsthafte Frage. Zudem würde für den Kauf
des wie ein schwimmender Wasserkopf aussehenden Schiffes wohl niemand mehr
seinen Geldbeutel öffnen.
Selbst
dem Erbauer, der Bodanwerft in Kressbronn, wird nachgesagt, dass die
Begeisterung für die "Sonnenkönigin" nicht grenzenlos war. Wobei die
Gründe offenbar eher in der finanziellen Abwicklung des Geschäfts lagen: Das
Schiff wurde teurer als erwartet. Deshalb muss sie noch mehr wie ein Augenstern
gehegt werden. Sie soll ja Geld einfahren - eine Herausforderung in Zeiten von
Wirtschaftskrise und schwindenden Budgets der potentiellen Mitfahrer.
Die
Buchungen für das Schiff mit seinen 1.000 Plätzen könnten besser laufen,
hatte Geschäftsführer Alexandro Rupp schon vor zwei Monaten gesagt. Jüngst
meinte er, man sei zufrieden. Und ganz aktuell ist er mit hoher Pulsfrequenz an
den Bregenzer Hafen gerast - nachdem ihn die Polizei gestern Morgen gegen fünf
Uhr geweckt hatte. Die große Frage für Rupp auf seinem Weg: "Hat das
Schiff einen Schaden?" Glück gehabt. Es konnte nichts festgestellt werden.
Dem Möchtegern-Korsaren war zu schnell das Handwerk gelegt worden. Sein größter
Fehler: Er drückte falsche Knöpfe. Einer davon war das schon erwähnte
Schiffshorn. Dies dürfte fast bis zur Polizeidirektion hinterm nahen Bregenzer
Bahnhof geklungen haben. Der Mann wurde erst einmal abgeführt.
"Eine
Chance, richtig auszulaufen, hätte er aber sowieso nie gehabt", sagt Adolf
Franz Konstatzky, Kapitän des historischen Schaufelraddampfer
"Hohentwiel", dem unbestritten schönsten Schiffes des Bodensees. Er
meint, dass die Technik auf der hypermodernen Sonnenkönigin für ungeschulte
Zeitgenossen viel zu komplex sei. Höchstens ältere Fahrgastschiffe könnten
vielleicht von jemanden, der mal dem Kapitän über die Schulter geschaute habe,
in Fahrt gebracht werden. Damit drängt sich die Frage auf, wie dies bei
Konstatzkys Uralt-Dampfer aussieht. "Da brauch ich mir keine Sorgen zu
machen. Ein Dieb müsste erst einmal zwei Stunden anheizen - und dann würde er
immer noch nicht verstehen, wie man mit Dampf fährt", erklärt der Kapitän.
Womit
die Geschichte eigentlich zu Ende wäre, hätte die Bregenzer Polizei den
Bodensee-Piraten nach dem Dämmer-Zwischenfall nicht auf freien Fuß gesetzt.
Dieser nutzte die Chance, drang gegen 10.30 Uhr nochmals auf die "Sonnenkönigin"
vor. Dann war Schluss mit lustig. Von Polizeiseite wurde die Staatsanwalt
energisch bedrängt, den Kaper-Wirrkopf über die Planke laufen zu lassen -
Entschuldigung, es muss natürlich heißen, ihn aus dem Verkehr zu ziehen.
(Uwe
Jauß/Schwäbische Zeitung v. 25.06.09)
Der Mann verschaffte sich gegen Mitternacht
Zugang zum Schiff und ließ sich dort einsperren. Er wartete, bis die Crew weg
war, danach durchsuchte er die Sonnenkönigin.
Er löste teilweise die Leinen und drang um 4.50 Uhr in den Führerstand ein.
Dort versuchte er das Schiff zu starten. Da er jedoch keine Schlüssel hatte,
konnte er lediglich die Elektronik in Betrieb setzen.
Der 51-Jährige hat daraufhin mehrfach das Signalhorn betätigt. Passanten
wurden auf die herumtreibende Sonnenkönigin aufmerksam und alarmierten die
Polizei.
Mann verhaftet
Die Polizei konnte den alkoholisierten und psychisch beeinträchtigten Mann auf
der Brücke des Schiffes verhaften. Das Schiff wurde durch die Feuerwehr wieder
am Liegeplatz festgemacht.
Zweiter «Entführungsversuch»
Um 10.30 Uhr schlug der Mann erneut zu. Obwohl die Sonnenkönigin von einem
Wachmann bewacht wurde, konnte sich der 51-Jährige Zutritt auf das Schiff
verschaffen.
Die Sonnenkönigin wird zur Zeit einer Revision unterzogen. Wegen der vielen
Arbeiter auf dem Schiff sei der Mann niemandem aufgefallen, teilt die Polizei
mit. Erneut gelang er auf die Brücke und nahm im Kapitänsessel Platz. Wieder
betätigte er das Signalhorn.
Kein Schaden entstanden
Der Mann gab als Motiv an, dass er einmal mit der MS Sonnenkönigin fahren
wollte. Nun wird gegen ihn wegen unbefugter Inbetriebnahme ermittelt. Am
Passagierschiff entstand kein Schaden.
Am Donnerstagnachmittag begab sich der 51-Jährige freiwillig ins
Landesnervenkrankenhaus Rankweil.