Das Umsteigen ist inbegriffen
Zwischen Stein am Rhein und Diessenhofen verkehren wegen Niedrigwasser keine Kursschiffe. Dafür dürfen die Passagiere Bus fahren.
«Bis Diessenhofen? Sie wissen aber, dass Sie in den Bus umsteigen müssen?» Die Frau am Schalter des Motorschiffes Munot will sicher sein, dass die unfrohe Botschaft angekommen ist. Die Kursschiffe der Schweizerischen Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein URh können zwischen Stein am Rhein und Diessenhofen nicht fahren. Es fehlt an Wasser. Busse bringen die Passagiere auf dem Landweg von Station zu Station. Die Busfahrt kostet nicht extra. «Seit Anfang April ist das Wasser knapp, wir fahren auf dem absoluten Minimum», sagt Kapitän Hans Herzog. In den letzten Tagen entschieden wenige Zentimeter über Fahren oder nicht Fahren. Einmal reichte der Pegel, am nächsten Tag schon wieder nicht mehr.
Es wird eng für die Munot
Warum aber entscheiden wenige Zentimeter darüber, ob ein so voluminöses Kursschiff fahren kann oder nicht? Maßgebend ist für die URh der Wasserspiegel bei Rheinklingen. Dieser darf 393.60 Meter über Meer nicht unterschreiten. Gestern Donnerstag befand er sich bei 393.58 Metern. Im Idealfall haben die sechs Schiffe der Gesellschaft mindestens einen Meter Wasser unter ihrem Boden. Es können schon mal nur 80 Zentimeter sein, dies aber geht zu Lasten der Pünktlichkeit. Befindet sich nämlich zu wenig Wasser zwischen dem MS Munot und der Fahrrinne, entsteht durch den Antrieb der zwei 450-PS-Propeller am Heck ein Sog, das Heck neigt sich zum Grund hin. Deshalb müsse man dann besonders langsam fahren, sagt Käptn Herzog, auch wenn man den Fahrplan deswegen nicht ganz einhalten könne. Verspätungen gehören bei Niedrigwasser also dazu. Das Niedrigwasser fordert die Kapitäne auch in fahrerischer Hinsicht. Die Fahrrinne muss man sich wie ein Tal vorstellen, das gegen seine Sohle hin schmaler wird. Fehlt nun Wasser, wird der Platz für die Motorschiffe entsprechend knapp. Verläuft die Fahrrinne dann noch in einer Kurve, hat Kapitän Herzog nicht mehr viel Spielraum rechts und links und muss entsprechend vorsichtig manövrieren. Nicht tangiert vom Niedrigwasser ist die Beschaffenheit der Fahrrinne. Der Alpenrhein bringt zwar viel Geschiebe mit sich, dieses bleibt aber in Bregenz hängen. Der Untersee wirkt als zweites Auffangbecken für feinere Mitbringsel, aber in den Rhein wird kaum festes Material gespült. Die Fahrrinne bleibt demnach fast unverändert, sie musste noch nie ausgebaggert werden.
«Fahrgäste nach Diessenhofen: Bitte umsteigen», unterbricht eine Lautsprecherstimme Kapitän Hans Herzog. Die Passagiere pilgern plaudernd zum Bushalteplatz. «Schiffersatz» steht am Gelenkbus der Verkehrsbetriebe Schaffhausen. Die Fahrt nach Diessenhofen dauert eine Viertelstunde, mit dem Schiff dauerte sie eine Stunde. Die Passagiere sparen Zeit. Schauen aus dem Fenster. «Sie nehmen das Umsteigen gelassen. Reklamiert hat noch niemand», sagt Chauffeur Hans Wolf, «wer aufs Schiff geht, der hat's in der Regel sowieso nicht pressant.»
(Kathrin Fahrni/Thurgauer
Zeitung v. 11.05.07)