Die URh missachtet angeblich bewusst Tempolimiten

Ein Forschungsbericht der Arbeitsgruppe Bodenseeufer wirft der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein vor, durch regelmäßige Geschwindigkeitsübertretungen für die Erosion der Seeufer mitverantwortlich zu sein.

«Wenn die Schiffe den Fahrplan einhalten wollen (…), dann müssen (!) sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 13 bis 14 Kilometern pro Stunde fahren. Die Geschwindigkeitsübertretungen sind also nicht als ‹Fehlverhalten› einzelner Schiffsführer zu werten, sondern liegen im vorgegebenen Zeitplan, in diesem Fall der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein, begründet.» Diesen Vorwurf erhebt die Arbeitsgruppe Bodenseeufer (AGBU) in einem Bericht, den der Verein kürzlich auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. Einer der Autoren und Vorstandsmitglied der AGBU ist der Limnologe Wolfgang Ostendorp, der an der Universität Konstanz tätig ist. Auf Anfrage sagt er, dass schon lange der Verdacht bestehe, dass die Ufererosion im Bereich des Seerheins (zwischen Ermatingen und Konstanz) unter anderem auf zu schnell fahrende Schiffe zurückzuführen sei. «Flussaufwärts ist der Fahrplan der Kursschiffe der URh gar nicht einzuhalten, wenn man sich an die gesetzliche Tempolimite von 10 Kilometern pro Stunde hält», so Ostendorp.

Mit GPS-Logger auf MS Munot

Folglich ist Ostendorp, gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden der AGBU, Michael Dienst, auf der MS «Munot» und der MS «Schaffhausen» mit einem sogenannten GPS-Logger mitgefahren. Der GPS-Logger zeichnet die genauen Standpunkte auf und erfasst die Geschwindigkeit auf den einzelnen Abschnitten. Die MS «Munot» wie auch die MS «Schaffhausen» waren bei den Testfahrten zu schnell unterwegs, teilweise maßen Ostendorp und Dienst Geschwindigkeiten von bis zu 17 Kilometern pro Stunde. Dass die Messungen gerade auf Schiffen der URh vorgenommen wurden, liegt gemäß Ostendorp einfach an der Tatsache, dass die URh mit den meisten Schiffen im Seerhein unterwegs sei. Lukas Reimann, Leiter Betriebe der URh, erklärt, dass sie vom Bericht der AGBU überrumpelt worden seien. «Eine offizielle Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen kann ich nicht abgeben», so Reimann. Voraussichtlich nächste Woche werde die URh aber auf die Vorwürfe reagieren. Gegenüber der «Thurgauer Zeitung» hat aber Thomas Rist, Geschäftsführer der URh, den Vorwurf zurückgewiesen, dass der Fahrplan nur mit Geschwindigkeitsübertretungen eingehalten werden könne. Die URh berechne die die Fahrzeiten selbstverständlich unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Tempolimiten. Ausschlaggebend für die Geschwindigkeitsmessungen auf den beiden Kursschiffen der URh war für die Autoren des Berichts die Ufererosion im Bereich des Seerheins, namentlich westlich von Gottlieben sowie im Naturschutzgebiet Wollmatinger Ried. Bei Gottlieben kostete eine dadurch nötige Kiesaufschüttung auf 300 Metern Länge rund 157 000 Franken. Ostendorp und Dienst zitieren dabei eine Studie, in der am Beispiel des Ufers zwischen Konstanz-Allmannsdorf und Konstanz-Egg gezeigt wird, dass im Durchschnitt 40 Prozent der Wellen von der Schifffahrt verursacht werden.

AG Bodenseeufer Die Bodenseeufer erforschen

Mitglieder Die Arbeitsgruppe Bodenseeufer (AGBU) e. V. ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Ingenieuren aus unterschiedlichen Disziplinen. Der Verein ist in Konstanz beheimatet. Ziele Die AGBU beschäftigt sich für die anwendungsorientierte Erforschung der Bodenseeufer. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, die Ökologie der Bodenseeufer besser zu verstehen und dadurch zu einer nachhaltigen sowie umweltgerechten Nutzung der Seeufer beizutragen.

(Daniel Wunderli/Schaffhauser Nachrichten v. 05.08.10)

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