URh passt auf 2011 den Fahrplan an

Die URh räumt ein, dass ihre Kursschiffe auf dem Seerhein regelmäßig zu schnell unterwegs sind. Mit dem Fahrplan 2011 soll sich das ändern. Bis dahin hat das Bundesamt für Verkehr der URh erlaubt, schneller zu fahren.

«Wir haben festgestellt, dass der Fahrplan auf dem Seerhein sehr knapp bemessen ist, so knapp, dass es bei hohem Passagieraufkommen fast zwangsläufig zu Geschwindigkeitsübertretungen kommt», sagt Walter Herrmann, Direktor der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh).

Der Fahrplan sei seines Wissens seit 2004 nicht mehr abgeändert worden. Wie die damalige Direktion – welcher Herrmann noch nicht angehörte – bei der Berechnung vorgegangen sei, wisse er deswegen nicht. Herrmann räumt ein, dass der knappe Fahrplan intern bereits früher ein Thema war. «An der Betriebsversammlung im letzten Jahr haben die Schiffsführer darauf hingewiesen, dass der Fahrplan im Bereich des Seerheins knapp sei.» Zu diesem Zeitpunkt sei es aber zu spät gewesen, am Fahrplan 2010 noch etwas zu ändern. «Damals war uns auch nicht bewusst, wie knapp die Fahrzeiten zwischen Ermatingen und Konstanz tatsächlich sind.» In diesem Zusammenhang sei es ihm auch wichtig festzuhalten, dass die Verantwortung in dieser Angelegenheit bei der Führung der URh liege und nicht etwa bei den Schiffsführern, die ihrer Arbeit verantwortungsbewusst nachgingen. Die URh betont zudem, dass der Einfluss der drei bis vier Kursschiffe auf die Ufererosion in Relation zu den vielen privaten Motorbooten betrachtet werden müsse. An einem schönen Wochenende seien schließlich bis zu 500 private Motorboote auf dem Seerhein unterwegs.

Fahrplanänderung ab 2011

Als Folge der neuen Erkenntnisse wird die URh ab 2011 die Fahrplanzeiten zwischen Ermatingen und Konstanz ausdehnen, damit die Geschwindigkeitslimite von 10 Kilometern pro Stunde flussaufwärts eingehalten werden kann. Die Fahrzeit zwischen Schaffhausen und Konstanz soll dadurch aber nicht beeinträchtigt werden: Auf den Seestrecken mit einem Tempolimit von 40 Kilometern pro Stunde werden die Kursschiffe deswegen künftig – im Rahmen des Erlaubten – schneller verkehren als bisher. Für den Rest der Saison 2010 bleibt der Fahrplan jedoch bestehen. Dies aus folgenden Gründen: Die URh sei an die Fahrplanpflicht gebunden, wie Geschäftsführer Thomas Rist auf Anfrage erklärte, zudem, so Herrmann, sei es organisatorisch einfach nicht möglich, die Anpassungen per sofort vorzunehmen.

Befristete Ausnahmebewilligung

Deswegen hat die URh Anfang der Woche beim Bundesamt für Verkehr (BAV) eine Ausnahmebewilligung beantragt, die es erlaubt, den Fahrplan bis Saisonende beizubehalten, ohne gegen das geltende Tempolimit zu verstoßen. Das BAV hat der URh – in Absprache mit den Kantonen Schaffhausen und Thurgau sowie dem Landratsamt Konstanz – diese Bewilligung gestern erteilt. Das heißt, die Kursschiffe der URh dürfen bis Ende der Saison mit einer Maximalgeschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde flussaufwärts auf dem Seerhein verkehren. «Ich muss sagen, ich war überrascht, wie rasch die Erteilung der Ausnahmeregelung erfolgte», so Herrmann.

Güterabwägung beim BAV

Gregor Saladin, Mediensprecher beim BAV, bestätigt auf Anfrage, dass der URh die Sonderbewilligung mit Gültigkeit bis zum 17. Oktober 2010 erteilt worden sei. Der Grund dafür sei die weitere Gewährleistung der Anschlüsse im öffentlichen Verkehr. Zudem existiere in der Bodensee-Schifffahrts-Ordnung (BSO) – die auch den Schiffsverkehr regelt – ein Artikel, der solche Ausnahmen in gewissen Fällen erlaube. Die Ausnahmebewilligung ist aber an die Auflage geknüpft, dass die Schiffsführer der URh angewiesen werden, die Geschwindigkeit so gering wie möglich zu halten und die Fahrlinie so zu wählen, dass die Wellen möglichst geringe Auswirkungen auf die Ufer haben. Weiter hält Saladin fest, dass das BAV eingegebene Fahrpläne nicht prüfe. «Wir führen zwar jedes Jahr ein Fahrplanverfahren durch, dabei geht es aber um die gesamtschweizerische Koordination des öffentlichen Verkehrs und nicht um die Einhaltung von Geschwindigkeiten», so Saladin. Die Verantwortung für die Berücksichtigung der gesetzlichen Tempolimiten beim Erstellen des Fahrplans liege bei den einzelnen Betreibern.

Reaktion der Agbu

Michael Dienst, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgruppe Bodenseeufer (Agbu), ist grundsätzlich erfreut, dass die URh eingestanden hat, dass bei der Planung der Fahrzeiten Fehler gemacht wurden. Die Agbu erhob in einem Bericht den Vorwurf, dass die zu hohen Geschwindigkeiten der Kursschiffe für die Ufererosion im Wollmatinger Ried mitverantwortlich seien. «Ich finde es allerdings schon ein bisschen skandalös, dass jetzt als Übergangslösung das Tempolimit um 50 Prozent erhöht wird», so Dienst. Es sei natürlich schade, dass nicht sofort reagiert werde. Aber das Problem, so Dienst, seien ja nicht nur die Kursschiffe, sondern auch die vielen kleineren Privatboote. Die Situation für die Ufer verbessere sich erst, wenn auch da eine Lösung gefunden werde. Schon vor der Stellungnahme der URh hatte die Agbu ihre Unterlagen auch zwei Landtagsabgeordneten zukommen lassen. Siegfried Lehmann, Landtagsabgeordneter der Grünen im Wahlkreis Konstanz, sei dabei, eine Anfrage an die Landesregierung von Baden-Württemberg zu richten. Diese wird dann zur Frage Stellung beziehen müssen.

(Daniel Wunderli/Schaffhauser Nachrichten v. 14.08.10)

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