Kurs halten nach mieser Saison
Dieses Jahr lief es für die
Schifffahrt auf Untersee und
Rhein (URh) nicht gut. Müssen nun Kantone und Gemeinden mehr zahlen?
Walter Herrmann: Die Schifffahrt auf Untersee und
Rhein ist eine Gratwanderung. Die Saison ist kurz und wir wissen nie, ob es zu
viel oder zu wenig Wasser hat. Dank der
guten Jahre haben wir Reserven angelegt, von denen wir im schlechten Jahr 2011
zehren. Kantone und Gemeinden müssen
nicht mehr Beiträge zahlen.
Wie groß ist das Minus?
Herrmann:
Es ist die zweitschlechteste Saison seit zehn Jahren.
Der Verlust wird bei 300 000 bis 400 000 Franken liegen. Unsere Reserven
belaufen sich auf rund eine Million Franken,
die jetzt massiv angeknabbert werden.
Ein Problem war in dieser Saison der fallende Eurokurs. Wie viel Euro-Gäste
haben deshalb auf eine Fahrt mit der URh verzichtet?
Herrmann:
Über die Hälfte unseres Verlustes ist dem schlechten
Wetter und dem Wasserstand geschuldet.
Thomas
Rist: Wir können aber nicht sagen, welche unserer Euro-Gäste trotzdem
mitgefahren sind, aber nichts mehr konsumierten.
Für deutsche Gäste kommt hinzu, dass die URh das Halbtaxabo
akzeptiert, aber nicht die Bahncard.
Herrmann:
Wenn wir uns der Bahncard anschließen könnten und entschädigt würden
wie beim Halbtax, würden wir das tun.
Rist:
Wir überlegen uns, den Inhabern der Gästekarte des Verkehrsverbundes Hegau
Bodensee einen Rabatt zu gewähren. Diese Karte bekommt jeder Gast, der
wenigstens eine Nacht auf der Höri oder der
Reichenau übernachtet. Auch hier erhalten wir keine Mittel, aber wir können
die richtige Zielgruppe locken.
Herrmann:
So wird es für einen Teil der Euro-Kunden trotz des starken Frankens günstiger.
Die Dieselölpreise sind gestiegen, der
Eurokurs ist gefallen und die Saison lief nicht gut. Wie wollen Sie dem
entgegenwirken?
Herrmann:
Sicher werden wir die
Preise nicht anheben, weil wir insbesondere für die deutschen Fahrgäste eher
zu teuer sind. Ein Personalabbau und damit
verbundener Leistungsabbau kommt nicht in Frage. Wir müssen innovativ sein, um
unsere Schiffe auch in den Randzeiten
oder bei schlechtem Wetter zu füllen.
Rist:
Es gibt verschiedene Ideen, die aber noch nicht alle spruchreif sind. Mit
speziellen gastronomischen Angeboten werden wir vom Wetter unabhängiger. Wir
bieten nach der Saison Fondueschiffe und
Brunchfahrten an. Damit lässt sich zwar nicht die Saison aufholen, aber es
bringt etwas.
Herrmann:
Damit der Kunde auch
bei schlechtem Wetter kommt, könnten wir zum Beispiel Tageskarten mit Rabatt
zehn Tage zum voraus auf unserer Homepage
anbieten. Die Gäste kaufen dann zwar mit Rabatt, aber wir wissen, der Kunde
kommt in zehn Tagen, egal, wie das Wetter ist. Um auf Verbundangebote zurückzukommen:
Wir haben auch bei der Tageskarte «Ostwind» gekämpft, um einen höheren
Ertragsanteil zu bekommen.
Die URh wird auch noch viel von Reisebus-Unternehmen angefahren. Die rechnen
bekanntlich
sehr spitz. Hat sich der starke Franken da ebenfalls bemerkbar gemacht?
Rist:
In der Saison 2011 haben wir es noch
nicht so stark gespürt, weil solche Fahrten bei uns schon in der Regel Anfang
der Saison gebucht werden. Aber wir
merken es jetzt. Wir versuchen zusammen mit der Bordgastronomie ein Angebot zu
machen, das finanziell attraktiv bleibt.
In diesem Jahr befand sich das URh-Schiff «Thurgau» zur Generalrevision in
der Bodanwerft, als diese Konkurs ging.
Herrmann: Als die «Thurgau» zurückkam, ist mir ein Stein vom Herzen
gefallen. Zum Schluss ist es Zug um Zug gegangen.
Ich bin innerhalb von ein paar Wochen zehn Jahre älter geworden. Aber das
Wichtigste ist: Die Revision ist
außerordentlich gut gelungen, wir haben unser Schiff und wir haben alles
geregelt. Die Garantien – wie etwa für den
Motor – wurden direkt an uns abgetreten. Wir hatten uns gut abgesichert und
einen spezialisierten Juristen
eingeschaltet. Die Geschichte ist bereinigt und wir haben unseren
Kostenvoranschlag dank des starken Frankens mehr als
eingehalten. Bei solch einem Konkurs muss man aufpassen, dass man nicht zweimal
zahlt. Andere
Schifffahrtsgesellschaften müssen sich immer noch juristisch mit den Folgen
dieses Konkurses auseinandersetzen.
Zeichnete sich der Konkurs ab?
Herrmann:
Im Vorfeld ergaben unsere Bonitätsabklärungen, dass wir unser Schiff nach
Kressbronn zur Generalrevision geben können. Wir haben schon vorsichtige Verträge
abgeschlossen und eine
Projektgesellschaft gegründet, die die Generalrevision betreute.
Wie sieht denn die Zukunft der eigenen Werft in
Langwiesen aus?
Herrmann:
Wir bleiben selbständig und schließen uns nicht der Werftenkooperation an.
Eine Studie, die
wir in Auftrag gaben, ist zum Schluss gekommen, dass unsere Werft die nächsten
20 Jahre die eigenen Schiffe unterhalten
kann. Sogar eine Generalrevision könnten wir in der eigenen Werft machen. Wir
finden die Werftenkooperation gut, aber
uns kommt es günstiger, an unserem Standort in Langwiesen festzuhalten. Das ist
verbunden damit, dass wir unsere
Mitarbeiter, darunter sind viele gute Handwerker, auch im Winter beschäftigen.
Thomas
Rist:
Der 32-Jährige leitet die Geschäftsstelle der Schifffahrtsgesellschaft
Untersee und Rhein. Davor arbeitete er als
Direktionsassistent bei den Verkehrsbetrieben Schaffhausen.
Walter
Herrmann
: Der
61-Jährige ist seit 25 Jahren Direktor
der Verkehrsbetriebe Schaffhausen. Davor unterstützte er als Sekretär den
Verwaltungsrat und die Direktion bei der
Erdgas Ostschweiz.
(Interview: Gudrun
Enders/St. Galler Tagblatt v. 03.12.11)