Der Streit um den Lindauer Hafen wird jetzt nicht mehr nur zwischen den beiden Städten, sondern auch unter Konstanzer Kommunalpolitikern ausgetragen. Nachdem sich zwei Stadträte der Freien Wähler mit der Lindauer Oberbürgermeisterin Petra Meier to Bernd-Seidl getroffen haben, werfen die Grünen ihnen Geheimnisverrat vor.
Die beiden Stadträte der Freien Wähler hatten nach dem Gespräch mit der Lindauer Oberbürgermeisterin geschrieben, Lindau habe konkrete Zahlen zur wirtschaftlichen Lage bei Bodensee-Schiffsbetrieben und Bodensee-Hafengesellschaft eingefordert. Diesem Wunsch sei man entgegengekommen.
Die Freie Grüne Liste befürchtet nun, dass dadurch die Verhandlungsposition von Oberbürgermeister Horst Frank weiter geschwächt wird. FGL-Fraktionssprecher Werner Allweiss und seine Fraktionskollegen stützen sich dabei auf eine Passage in dem von Weiner und Pilz unterzeichneten Brief an OB Frank, in dem es heißt, es habe "sich bei dem Gespräch gezeigt, dass Frau OB Meier to Bernd-Seidl (Lindau) die tatsächlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten und Zusammenhänge der BSB und BHG nicht vollständig bekannt sind."
Die Rathauschefin "beklagte insoweit eine ungenügende Transparenz von Seiten Konstanz." Darauf habe man "Frau OB Meier to Bernd-Seidl anhand der tatsächlichen Zahlen verständlich gemacht, dass die Höhe der von Lindau zuletzt geforderten Nutzungsentgelte im Vergleich zu den jetzigen Verhältnissen eine von Konstanz nicht zu akzeptierende Verschlechterung bedeuten würde."
(Südkurier v. 25.08.08)
Nach der Eskalation auf OB-Ebene haben Konstanzer Kommunalpolitiker einen neuen Anlauf zur Lösung des Hafenstreits gemacht. Zwei Stadträte der Freien Wähler hoffen nach einem Gespräch mit der Lindauer Rathaus-Chefin, dass noch ein Kompromiss möglich ist. Drei große Fraktionen fordern, dass die Oberbürgermeisterin vor dem Konstanzer Rat sprechen darf.
Das Gespräch fand in aller Stille und auf neutralem Grund statt. Dieter Fulde und Gabriele Weiner von den Freien Wählern hatten sich in Friedrichshafen mit der Lindauer Oberbürgermeisterin Petra Meier to Bernd-Seidl und einem Stadtrat der Freien Bürger aus Lindau getroffen. Nach dem Austausch vor zehn Tagen hätten sie den Eindruck gewonnen, dass auch Lindau "doch noch eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen" gewillt sei. Zur Entspannung der zweistündigen Debatte mag beigetragen haben, dass Weiner und Fulde sagten, sie redeten nur als Stadträte und nicht für die Stadtwerke mit den Töchtern Bodensee-Schiffsbetriebe und Bodensee-Hafengesellschaft.
Um diese beiden Unternehmen hatte sich der Streit zuletzt zugespitzt. Bis ins Lindauer Rathaus hatte sich herumgesprochen, dass die Schiffsbetriebe jedes Jahr eine hohe Summe an die Hafengesellschaft bezahlen, damit die Weiße Flotte in Lindau anlegen und die Schiffe unterm Löwen übernachten dürfen. Die Rede ist von 140.000 Euro im Jahr. Weiner und Fulde wollten die Zahl mit Hinweis auf ihre Verschwiegenheitspflichten nicht kommentieren. Neben den Streit um das Vorkaufsrecht - Lindau vertritt die Position, dass die Deutsche Bahn den Hafen im Jahr 2002 zunächst der Stadt habe anbieten müssen - tritt nun die Auseinandersetzung um diese Hafennutzungsgebühren
Im Gespräch mit Seidl brachten die Konstanzer Räte nun folgende Variante ins Gespräch: Lindau bekommt von Konstanz das Vorkaufsrecht zugestanden - ungeachtet der Frage, ob dies juristisch besteht oder nicht. Die Hafengesellschaft erhielte einen Schätzpreis von 1,8 Millionen Euro, angesichts des deutlich höher bezifferten Marktwerkts für Lindau ein Schnäppchen. Im Gegenzug akzeptiert Lindau, dass das 140.000-Euro-Geschäft keine Zukunft hat und erlaubt der Weißen Flotte eine dauerhaft kostenlose Nutzung des Hafens. Die rund 30 BSB-Arbeitsplätze in Lindau würden in einen Kompromiss ebenso eingebracht wie die Rechte an der Eilguthalle (einer Immobilie in Lindauer Top-Lage) sowie am viel besuchten Leuchtturm.
Vom Tisch wäre eine gemeinsame Hafenbetriebsgesellschaft, an deren Ausgestaltung sich die Juristen beiderseits des Sees bisher ohne echten Erfolg abmühen. Lindau allerdings müsste dazu wohl auf den Klageweg verzichten, der aller Wahrscheinlichkeit nach bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig führen würde.
Als Signal nach Lindau haben sich die Freien Wähler mit der SPD und der CDU darauf geeinigt, dass Oberbürgermeisterin Seidl in Konstanz einmal selbst die Position ihrer Stadt vortragen darf. Nachdem OB Horst Frank bereits - nicht öffentlich - in Lindau aufgetreten war, fordern die drei großen Fraktionen nun einen Gegenbesuch. Jürgen Leipold (SPD) und Alexander Fecker (CDU) sind wie die Freien Wähler der Ansicht, "dass jede Chance für eine einvernehmliche Lösung mit der Stadt Lindau genutzt werden sollte". Dass Seidl die Einladung aus Konstanz annehmen würde, gilt allgemein als sicher.
(Jörg-Peter Rau/Südkurier v. 23.08.08)