Der Überlinger SPD-Ortsverein bereichert
die aktuelle Verkehrsdebatte mit dem Vorschlag, den Personenverkehr aufs Schiff
zu verlagern. Bei einer Testfahrt auf dem Schiff zwischen Nußdorf und Landesteg
West kamen die Kommunalpolitiker auf eine Fahrtzeit von 23 Minuten.
Wer mit dem Auto die 5,2 Kilometer lange
Strecke von Nußdorf bis zur Therme fährt, braucht nach Berechnungen des
Routenplaners falk.de zwölf Minuten. Stau nicht eingerechnet. Wer mit dem Bus
die Strecke zurücklegt, ist je nach Wartezeit beim Umstieg am Busbahnhof
zwischen 16 und 36 Minuten unterwegs. Da waren die SPD-Kommunalpolitiker bei
ihrer Testfahrt am Donnerstagabend nicht die Langsamsten: 23 Minuten brauchten
sie für die 4,5 Kilometer lange Fahrt mit der „Seestern“
des Schifffahrtsbetreibers Ewald Giess. Mit eingerechnet waren Zwischenstopps an
gedachten und noch zu bauenden Stegen am Osthafen, an der Liebesinsel und am
Landungsplatz.
Bei der Ankunft im Westen der Stadt blickten
die SPDler auf ihre Armbanduhren und waren sich nicht ganz einig, ob die 23
Minuten tatsächlich reichen würden für den Ein- und Ausstieg an den insgesamt
fünf Haltepunkten: in Nußdorf, beim Osthafen, an der Liebensinsel, am
Landungsplatz und am Landesteg West. Denn für die Testfahrt vertäute Ewald
Giess seine „Seeperle“ an den Zwischenstationen nicht, sondern hielt nur an,
Statisten mit Fahrrad oder Rollstuhl waren freilich auch noch nicht dabei. Ewald
Giess war aber zuversichtlich, dass sich die Runde hin und zurück im
Stundentakt meistern lasse.
Eine Schnapsidee? „Wir liefern einen neuen
Beitrag zur Verkehrsdebatte“, sagte SPD-Gemeinderat Michael Wilkendorf. „Ein
Alleinstellungsmerkmal für Überlingen wäre es jedenfalls.“ Und die
Ortsvereinsvorsitzende Angelika Haarbach sagte: „Angebote schaffen manchmal
erst die nötige Nachfrage.“ Auch beim Start des Winterbetriebs zwischen
Wallhausen und Überlingen sei man skeptisch gewesen. Mittlerweile verkehren auf
der Strecke in den Wintermonaten 300 bis 400 Pendler täglich. Und dank der
finanziellen Förderung durch die Städte Überlingen und Konstanz rechnet sich
der Betrieb betriebswirtschaftlich.
In den 50-er Jahren gab es eine Verbindung
zwischen dem Überlinger Ostbad und dem Landungsplatz, erinnert sich Ewald Giess.
Sein Vater Victor Giess habe die „Bäderlinie“, die im Dreieck zwischen
Ostbad, Landungsplatz und Wallhausen fuhr, 1952/53 eingerichtet, zehn Jahre später
mangels Rentabilität aber wieder aufgegeben. Den Betrieb eines modernen
Stadttaxis auf dem Wasser könne er sich heute durchaus wieder vorstellen. Aber
nur im Sommer und mit öffentlichen Zuschüssen.
Für den Bau zweier Stege bei der Liebesinsel
und beim Sportboothafen Ost liegt der SPD bereits ein Kostenvoranschlag einer
Fachfirma vor. 108.000 Euro müssten aufgebracht werden. „Schiffahrtsrechtlich
ist ein öffentlicher Personennahverkehr auf dem See problemlos und nicht
genehmigungspflichtig“, teilt SPD-Gemeinderat Oswald Burger nach Anfrage beim
Landratsamt mit. Aus der Genehmigung des Katamarans zwischen Friedrichshafen und
Konstanz ergebe sich ein Anspruch auf Zuschüsse. Wenn eine Bedarfsanalyse einen
öffentlichen Bedarf nachweist, wäre eine wasserrechtliche Genehmigung auch in
der sensiblen Flachwasserzone möglich.
Die SPD plant schon weiter: „Eine Ausweitung
nach Westen bis Goldbach, Süßenmühle und Sipplingen und in die andere
Richtung nach Maurach, Seefelden und Unteruhldingen wäre denkbar.“
(Südkurier v. 25.10.08)