„Katamaran-Betrieb schwierige Aufgabe“

Einer der Verlustbringer, der indirekt auch den städtischen Finanzhaushalt von Friedrichshafen belastet, ist der Betrieb des Katamarans zwischen Friedrichshafen und Konstanz. Die städtische Tochter Technische Werke Friedrichshafen (TWF) ist an dem Schiffsverkehr beteiligt. Nach den Angaben von SPD-Fraktionschef Roland Frank in einem SÜDKURIER-Interview hat die Reederei den Auftrag, sich um Lösungsansätze zu bemühen. Frank sagte dies im Zusammenhang mit der aktuellen finanziellen Lage der Stadt.

Was halten Sie von einer Arbeitsgruppe, die sich mit Strukturfragen des städtischen Finanzhaushalts beschäftigen soll?

Vom Stichwort Struktur-Kommission halte ich inzwischen gar nichts mehr. Wir haben einen Finanz- und Verwaltungsausschuss des Gemeinderats. Es ist dessen originäre Aufgabe. Diese strukturelle Aufgabe müssen wir im normalen Beratungsgeschäft bestreiten können. Ich sehe keinen Sinn drin, eine extra Kommission oder einen Arbeitskreis zu bilden.

Gibt es aus Sicht der SPD Großprojekte, die gestrichen werden könnten?

Von den Maßnahmen, die wir bisher beschlossen haben, nicht. Wir stehen zum Hallen-Programm. Und das Materialwirtschaftszentrum (MWZ) der MTU muss schnell kommen. Klar, den Beschluss, eine Tennishalle mit 400 000 Euro zu bezuschussen, würden wir am liebsten wieder zurücknehmen, aber das würde wahrscheinlich nicht mehrheitsfähig sein. Ich sehe das größte Problem darin, ob der Wunsch, den Bereich Hinterer Hafen neu zu gestalten, in die Realität umgesetzt werden kann. Dem Projekt würden wir mit großer Begeisterung zustimmen. Nur, ob ein Investor gefunden werden kann, der das alles alleine stemmt und die Stadt sozusagen kostenneutral das Projekt nur betrachten kann, das kann ich mir nicht vorstellen. Und auch wenn die Kommune nur infrastrukturell beim Hinteren Hafen gefordert wäre, dann sind das solche Summen, die wir zurzeit einfach nicht stemmen können.

Wie stehen Sie zu den anderen Großprojekten der Stadt?

Das Areal Fallenbrunnen fordert uns gerade heraus. Dort stehen wir in der Pflicht der Dualen Hochschule und der Zeppelin-Universität gegenüber. Und auch den Bau der Westumgehung der Bundesstraße 31 hoffe ich noch in den nächsten paar Jahren zu erleben. Die B 31 wird uns finanziell nochmals fordern. Alleine was wir mittelfristig auf dem Investitionsprogramm stehen haben, können wir momentan finanziell nicht schultern. Wir müssten eigentlich eines von den sehr wichtigen und bereits beschlossenen Projekten zeitlich extrem in die Zukunft schieben, aber da sehe ich keinen Kandidaten.

Was sagen Sie zur Messe und zum Flughafen – auf lange Sicht betrachtet?

Bei der Messe gehen wir davon aus, dass sie, wenn sie ihre wichtigen Veranstaltungen halten kann, eher in einem soliden Fahrwasser fährt. Sorgen bereitet uns das Thema Flughafen. Da gibt es finanzielle Risiken. Die sind nicht geringer geworden. Und bei der allgemeinen Wirtschaftslage wie auch angesichts der Konkurrenz durch den Flughafen Memmingen haben wir dort ein finanzielles Risiko als Gesellschafter. Das kann sich aber halbjährlich ändern, wenn die Wirtschaft wieder anzieht und das Fliegen im Business-Bereich zunimmt. Aber der Flughafen ist eine finanzielle Hypothek, an der wir noch zu arbeiten haben.

Hat Sie der Rückzug der Fluggesellschaft Ryanair überrascht?

Vom Inhalt her nicht. Der Zeitpunkt hat mich ein bisschen überrascht. Aber wer eins und eins zusammenzählen kann, hat sich eigentlich gewundert, dass sich Ryanair überhaupt für Friedrichshafen entschieden hat. Ryanair hat es offensichtlich bei anderen Flughäfen geschafft, Sonderkonditionen herauszuhandeln, die so weit gingen, dass sie indirekt subventioniert wurden. Es war unsere erklärte, gemeinsame Absicht, das nie zu tun, egal wie der Anbieter heißt. Von daher hat es mich schon überrascht, dass Ryanair bei der Stange geblieben ist. Es ist aber ein Beispiel, das einen als baden-württembergischen Kommunalpolitiker ärgern muss. Das Ryanair abgewandert ist liegt daran, dass der Airport Memmingen von der bayerischen Landesregierung subventioniert wird. Und das ist auf einem sonst freien Markt im Prinzip nicht akzeptabel und verwischt vollkommen den wirtschaftlichen Wettbewerb.

Wie gehen Sie mit dieser Zwickmühle eines relativ nahe liegenden, hoch subventionierten Flughafens in Memmingen um?

Wir müssen als Gemeinderat dafür sorgen, dass die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat des Flughafens, was die Akquisition betrifft, noch offensiver auftreten und der Vorteil, den wir haben, nämlich näher zur Schweiz, zu Vorarlberg und zum Raum Konstanz/Singen zu liegen, entsprechend ausgenutzt wird. Auch andere Vorteile, wie die der Messe müssen in die Waagschale geworfen werden.

Wo sehen Sie für die SPD noch Gestaltungsspielräume?

Die Gestaltungsspielräume sind sehr klein geworden. Im Prinzip gehe ich davon aus, dass wir in diesem und im nächsten Jahr mehr oder weniger den Mangel verwalten müssen. Es kann nur kleine Abrundungen geben. Beispielsweise, wenn wir bei der Schulsozialarbeit merken würden, dass dieses Angebot noch erweitert werden müsste. Ganz große neue Dinge zu stemmen, das haben wir zurzeit nicht auf der Agenda.

Gibt es ein Projekt, das Sie als SPD bevorzugt umsetzen wollen?

Das interessanteste Thema ist für uns zurzeit ein Busangebot in den Abendstunden, das hat aber ein städtisches Unternehmen zu erbringen. Wir fordern ein solches Angebot schon seit Jahren und sehen jetzt gute Chancen, dass es auch umgesetzt wird. Solche Projekte lassen sich innerhalb eines städtischen Betriebes gut darstellen. Das Defizit der Verkehrstöchter der Technischen Werke liegt sehr viel besser als vor vielen Jahren prognostiziert. Ein Abend-Bus ist für die Bürger sicher sehr erfreulich und finanziell überschaubar. Der Katamaran-Betrieb dagegen ist eine schwierige Hausaufgabe. Ob dieser ein „Dauersubventionsloch“ werden oder gar bleiben soll, das sollten wir uns gut überlegen. Es gibt bereits entsprechende Aufträge für die Katamaran-Reederei, mögliche Lösungsansätze zu finden. Den goldenen Schnitt durch den Gordischen Knoten sehe ich aber noch nicht.

Was halten Sie von einem Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre?

Nichts! Wir hatten vergangenes Jahr mit großer Gewissenhaftigkeit den Haushalt 2009 beschlossen und mussten im Juli einen Nachtragshaushalt beschließen. Nicht, weil wir leichtfertig waren, sondern weil einfach die wirtschaftliche Entwicklung so war und noch ist. Und wenn man in die entsprechenden Kommentierungen der Verwaltung zum Etat 2010 hineinschaut, dann spricht einen in jedem dritten Satz diese Unsicherheit immer noch an. Das heißt, es gibt immer noch große Unsicherheiten, wie es in den nächsten zwei, drei Jahren weitergeht. Und von daher ist ein Doppelhaushalt eigentlich unverantwortlich.

Was wäre Ihr Vorschlag?

Wenn mit einem Doppelhaushalt bezweckt wird, den Aufwand für das Erstellen eines Etats in erträglichen zeitlichen Grenzen zu halten, dann kann man das auch anders gewährleisten. Wir investieren jetzt relativ viel in die Erhebung der Zahlen und die Daten veralten ja nicht völlig in 12 Monaten. Das heißt, diese Daten können für den nächsten Haushalt als ganz klare Vorgabe verwendet werden. Und das könnten wir in diesem Jahr schon Ende November, Anfang Dezember machen, wenn klar ist, wie das Rechnungsergebnis aussehen wird und wie die Steuerschätzungen sind. Dann kann ein Haushalt für 2011, meine ich, mit geringerem Aufwand erstellt werden als wir jetzt den 2010er vorbereitet haben. Ich erwarte, dass sich die Politik und auch die Verwaltung die Aufgabe stellen, den Haushalt 2011 durch die Lernkurve des Jahres 2010 zu erstellen und zu beschließen. Und ich glaube auch nicht, dass es für einen Doppelhaushalt eine Mehrheit im Gemeinderat gibt.

Sie halten in diesem Jahr die Ansätze für die Gewerbesteuer für realistisch?

19,8 Millionen Euro sind angesetzt. Das klingt plausibel. Unser Eindruck ist, dass die Verwaltung an dieser Stelle eher mit leicht pessimistischem Ansatz kalkuliert hat als mit Optimismus.

Wie schätzen Sie die Entwicklung in den kommenden Jahren ein?

Zweieinhalb Jahre werden wir sicher eine harte Zeit vor uns haben. Und die mittelfristige Finanzplanung ist so angesetzt, dass man 2012/13 auf der sicheren Seite ist. Sodass mit möglichen Mehreinnahmen sinnvoll, sparsam und vernünftig umgegangen wird, ohne Kredite aufzunehmen. Und dass mit geringen Kredit-Aufnahmen Vorhaben gestemmt werden können, ohne den Verschuldungsgrad deutlich zu erhöhen. Da sind wir uns Gott sei Dank in der Häfler Stadtpolitik einig: Mit der Verschuldung haben wir es nicht mehr. Die Verschuldung haben wir in der Vergangenheit furchtbar übertrieben. Alles, was jenseits der 60 Millionen Euro steht, tut uns furchtbar weh. Es ist unser gemeinsam erklärter Wille, davon deutlich runterzukommen – und zwar wieder in die Gegend von anderen Kommunen und Städten vergleichbarer Größe. Unter 50 Millionen Euro Schulden zu kommen, wird uns schon herausfordern. Aber das muss sein.

(Manfred Dieterle-Jöchle/Südkurier v. 18.02.10)

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