Kritik an den Geschäftspartnern aus
Friedrichshafen und offene Forderungen nach einem Ende des Betriebs: In Konstanz
wird wieder einmal über den Katamaran diskutiert. Und das, obwohl er endlich in
ein etwas erfreulicheres Fahrwasser gerät.
Der Katamaran kommt langsam in ruhigeres
Fahrwasser, im Gemeinderat schlugen die Wellen aber erneut hoch. Stadträte
kritisierten das anhaltende Defizit der Schiffslinie zwischen Konstanz und
Friedrichshafen. Irritiert zeigten sich Oberbürgermeister Horst Frank und
mehrere Räte über Kritik von Andreas Brand, dem Oberbürgermeister von
Friedrichshafen, an den Bodensee-Schiffsbetrieben (BSB).
Bislang haben sich beide Städte in flammenden
Appellen zum Katamaran als Zeichen ihrer Verbundenheit bekannt. Doch die jüngste
Bilanz trübt die Harmonie. Die Katamaran-Reederei hatte den Auftrag beider
Gemeinderäte, das Defizit zu senken. Sie hat es mit Rabattaktionen tatsächlich
geschafft. Die Fahrgastzahlen wurden deutlich gesteigert. Eine weitere Idee ist
jedoch gescheitert: Die Reederei sollte den BSB angegliedert werden. In
Friedrichshafen sei man davon aber nicht begeistert gewesen, heißt es in einem
Papier der Stadtwerke Konstanz, zu denen die BSB gehören. So wurde dies
verworfen.
Im Gemeinderat Friedrichshafen kritisierte OB
Andreas Brand, in Konstanz seien die Rabattaktionen so gut wie gar nicht
beworben und an den BSB-Schaltern keine Katamaran-Karten verkauft worden.
Friedrichshafen sei bei solchen Aktionen schnell dabei, bei den BSB bedürfe es
dagegen einer dreitägigen Betriebsrats-Erörterung, wurde er in Medien zitiert.
Herbert Weber (SPD) wetterte angesichts solcher Worte: „Die bessere Lösung
hat Friedrichshafen verhindert.“ Man verbitte sich die Kritik an den BSB.
Oberbürgermeister Horst Frank vermutet zwar Missverständnisse als Ursache für
die deutlichen Worte Brands, zeigte sich aber irritiert.
Für die Werbung der
Reederei seien schließlich die TWF (Technische Werke Friedrichshafen) zuständig.
„Aber wir sind gerne bereit, sie beim Marketing zu unterstützen.“ Auf die
Bemerkung mit dem Betriebsrat ging Frank ebenfalls ein: „Wir halten uns an
geltende Tarifverträge.“
Die Reederei sei bemüht, bei der
wasserrechtlichen Genehmigung Erleichterungen zu erreichen, berichtete
Stadtwerke-Geschäftsführer Konrad Frommer. Dies sei nötig, forderte Andreas
Ellegast (CDU). Ein Schiffsführer genüge nach den Vorschriften, zudem könne
man die Pausen-Regelungen lockern. Gabriele Weiner bedauerte die Absage an die
BSB-Lösung, da die roten Zahlen „damit wohl vom Tisch wären“. Als
„unverbesserlichen Freund des Katamarans“ bezeichnete sich Klaus Frank
(Frank und Freie). Konstanz profitiere stärker vom Schiff als Friedrichshafen.
Ewald Weisschedel (FWG) sieht dies ähnlich, die Umwegrentabilität sei hoch.
Roger Tscheulin CDU) sieht das Schiff als Zeichen der Verbindung beider Städte,
„das sollte man nicht ständig in Frage stellen“.
Peter Müller-Neff (FGL) legte als einstiger
Gegner des Katamarans ebenfalls ein Bekenntnis für den Erhalt ab. Die
Stadtwerke seien ein gesundes Unternehmen, die Schiffsverbindung sei daher
tragbar. „Schade, dass es bei uns kein deutliches politisches Bekenntnis für
den Katamaran gibt.“ Es hagelte in der Tat Kritik. Die Verbindung sei kein
Nahverkehrsmittel, wie immer behauptet, sagte Anne Mühlhäußer (FGL). Holger
Reile (LL) fragte, wie lange die Stadt noch bereit sei, das Minus zu tragen.
Werner Allweiss (FGL) forderte eine Debatte über den Ausstieg aus der
Schiffsverbindung. Der Schnellbus sei eine gute Alternative.
(Josef Siebler/Südkurier v. 04.07.11)
Kommentar: Späte Einsicht
Natürlich waren das über Jahr nur dumme
Laien, die von öffentlichem Nahverkehr keine Ahnung hatten und deren Meinung
nicht erwünscht war.
Quatsch sei die Kritik an den hohen
Fahrpreisen für den Katamaran, hieß es zumindest offiziell von der Reederei
seit Aufnahme des Betriebs im Jahr 2005. Würden die Fahrkarten billiger
gemacht, steige das Defizit nur noch weiter an. Dass das Schnellboot mit
Rabatten aber neue Fans finden könnte, wollte man lieber nicht hören.
Die Geschichte der vergangenen Monate zeigt,
dass der vielfach artikulierte gesunde Menschenverstand vielleicht doch nicht so
sehr daneben lag. Der Zuwachs an Fahrgästen hat den rabattbedingten Rückgang
der Einnahmen mehr als ausgeglichen: So gut hat bisher kein Jahr begonnen für
die von harschen politischen Kontoversen geschüttelte Reederei. Das heißt im
Umkehrschluss: Wenn die Preise stimmen, nutzen die Einheimischen die drei
schnellen Boote durchaus.
Nun kann nicht das ganze Jahr Schlussverkauf
sein: Für ein einigermaßen erfolgreiches Wirtschaften braucht die Reederei
auch die voll zahlenden Fahrgäste. Ihre Zeit ist der Sommer, dann sind die
weniger preisempfindlichen Touristen unterwegs. Dass man für die verschiedenen
Zielgruppen eben zu unterschiedlichen Zeiten spezielle Angebote machen muss, ist
so schwer nicht einzusehen. Dass man in der Katamaran-Reederei für diese
Erkenntnis fünf Jahre brauchte, stellt den führenden Verantwortlichen kein
besonders gutes Zeugnis aus.
(Jörg-Peter Rau/Südkurier v. 04.07.11)