Geschüttelt, nicht gerührt: 
Eine Schnapsidee schlägt Wellen

Häfler Apfelbrand fährt auf der „Stuttgart“

Seit Saisonbeginn im April hatte das Fährschiff besondere Dauergäste unter Deck: fünf Eichenfässer mit „Wellenapfelbrand“, die bis zum Saisonende Mitte Oktober Tag und Nacht an Bord gewesen sind. „Die Idee keimte damals in unserer Besenwirtschaft, als mein Mann, der ein leidenschaftlicher Schnapsbrenner gewesen ist, mit unserem ehemaligen OB Josef Büchelmeier und Manfred Weixler von den Bodensee-Schiffsbetrieben an einem Tisch gesessen ist. Alle drei haben sie über Bodenseeattraktionen sinniert, bis irgendwann die Idee auf das Apfelschiff und Aquavit gekommen ist“, sagt Elsbeth Lehle aus Meckenbeuren, die Witwe des mittlerweile verstorbenen Rupert Lehle. Die Idee keimte und 1994 schließlich nahm die erste Ladung an Bord des Bodenseefährschiffes „Stuttgart“ Fahrt auf. „Das Konzept hat mein Mann gleich patentieren lassen, sonst hätte es wahrscheinlich sofort ein anderer kopiert“, so Elsbeth Lehle weiter. Schwiegersohn Gerhard Schwichtenberg hat mittlerweile das Geschäft des Schwiegervaters übernommen und eigens dafür, wie Rupert Lehle zuvor, einen Kurs an der Uni Hohenheim besucht. „Das Gären von Früchten ist schon eine Wissenschaft für sich. Ich stehe sehr oft mit dem Taschenrechner herum, um etwas auszurechnen“, sagt er.

„Der Clou an der Sache ist, dass der Apfelbrand wie ein rohes Ei ist“. Deshalb lassen die Schnapsbrenner die Fässer nur zu Dreiviertel befüllen und legen sie verknotet in den Frachtraum des Schiffes, damit der Apfelbrand in Ruhe schaukeln kann. Zu starker Wellengang ist unerwünscht, denn „es ist fatal, wenn die Flüssigkeit spritzt, dadurch verliert er sein Aroma. Da wäre die ganze Fahrt umsonst gewesen“, sagt der Schnapsbrenner.

Seine kräftige Farbe erhält der Wellenapfelbrand von den französischen Eichfässern. Auch hier liegt eine Besonderheit vor. „Wir wechseln alle zwei Jahre zwei Fässer aus. Denn je länger man ein Fass verwendet, desto weniger Farbe gibt das Holz ab“, sagt Elsbeth Lehle. Je nach Bedarf stellt die Brennerei vier bis acht Fässer mit jeweils 50 Litern Wellenapfelbrand her.

Wieso der Wellenapfelbrand an Bord der „Stuttgart“ ist, weiß Schiffsführer Michael Erndwein: „Die Stuttgart legt die größte Strecke auf dem Bodensee zurück. Dieses Jahr hat sie 29 600 Kilometer geschafft – fast Dreiviertel des Äquators“. Dass der Wellenapfelbrand eine Bodenseeattraktion ist, steht somit außer Frage

(Schwäbische Zeitung v. 19.10.11)

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