Der
Bürgermeisterin bleibt die Kneipentour erspart
Den
Stern schafften die sechs Schiffe diesmal nicht. Die fulminanten Eindrücke von
der 36. Internationalen Flottensternfahrt konnte der Lapsus nicht schmälern.
Bei strahlendem Sonnenschein visierten die Bodenseekapitäne am Samstag
Meersburg an, wo Tausende Schaulustige auf die Enthüllung des neuen
Lenk-Denkmals auf der Mole warteten.
Menschen
wohin das Auge reicht. Bei Bilderbuchwetter tummelten sich die Massen, fixiert
auf das, mit was Peter Lenk nach der anhaltende Diskussionen entfachenden
Imperia auf der anderen Seeseite in der Burgenstadt wohl provozieren wollte. Die
Spannung war groß, als Bürgermeisterin Sabine Becker begann, an den die Verhüllungen
haltenden Schnüren zu ziehen. Um es vorweg zu nehmen: Die Rathaus-Chefin musste
sich anschließend nicht in einer der Lokalitäten der Burgenstadt mit ihrem
Gemeinderat betrinken, was sie für den Fall angekündigt hatte, dass das Werk
nicht so ausfallen sollte...
Zurück
in Meersburg
"Ich
bin begeistert", strahlt der stellvertretende Bürgermeister Werner Endres,
als die "Wendelgard" sichtbar wird, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts
als Edelfräulein Wendelgard von Halten lebte, körperlich durch Nase und Höcker
verunstaltet, jedoch ein wunderschönes Weingut besitzend: Die Haltnau. Exakt
die Haltnau, die Werner Endres und seine Frau seit vielen Jahren als Weinstube
umtreiben. Zurück zur Sage: Damals sollten die Meersburger das Gut an der
Haltnau bewirtschaften dürfen, wenn täglich ein Ratsherr mit Wendelgard
speise, Wein trinke und sie sonntags mit der Kutsche ausfahre. Doch die
Meersburger zierten sich, sich mit dem wenig schönen Fräulein zu zeigen, überlegten
zu lange, und die Konstanzer griffen zu. Bis heute sind sie deshalb Besitzer der
Haltnau. In Meersburg. Jetzt ist sie zurück in Meersburg.
Neben
der Wendelgard zeigt die "Magische Säule" den Geheimen Rat und Ober-Jägermeister
Joseph Freiherr von Laßberg (1770 bis 1855), der die alte Meersburg vor Verfall
und Abriss rettete. Außerdem den "Meersburger Amor", der in Meersburg
oft seinen Pfeil von der Sehne geschnellt hat, Franz Anton Mesmer (1734 bis
1815), der in Meersburg als Arzt mit Stahlmagneten heilte und deshalb seine
Standeskollegen in Wallung brachte, ferner den Hofastronom Maximilian Hell (1720
bis 1792) sowie Johann Joseph Gaßner (1727 bis 1779), den berühmt-berüchtigten
Teufelsaustreiber und Wunderheiler.
Der
Vorsitzende des Fördervereins Hafenmole, Hans-Michael Schülke, spricht von
einem "schwierigen Unterfangen", Geld für dieses Denkmal zu sammeln,
eine Aufgabe, die seinem Verein zukam und noch zukommt. Denn noch fehlen 30 000
Euro zu den 80 000, die das Werk kostet. "Lenks Weg als Bildhauer wird gesäumt
von einem Spalier beleidigter Leberwürste aus dem wirtschaftlichen, politischen
und kulturellen Establishment. Ausnahmen waren Edzard Reuter und Graf
Bernadotte", rechnet Schülke ab, nennt Namen von ganz oben bis runter zum
"kleinen Bankdirektor, der jetzt im Überlinger Brunnen Fische ausquetscht
". Über die vielen gekränkten Politikerseelen lohnt sich erst gar nicht
zu reden, sagt er.
Zuvor
verweist der Geschäftsführer der Bodensee-Schiffsbetriebe, Kuno Werner, auf
die lange enge Verbindung von Peter Lenk mit der Schifffahrt und auf die seit
1885 an haltende Tradition, dass die Schiffsbetriebe aus Österreich, der
Schweiz und Deutschland ein gemeinsames touristisches Angebot auflegen.
Während es für die Bodensee-Kapitäne Wein mit dem Wendelgard-Aufdruck gibt, um das Hafengelände Marktatmosphäre herrscht, weil um Spenden gesammelt wird, um die restlichen 30 000 Euro zusammen zu bekommen, sammeln sich die sechs Schiffe der Weißen Flotte zum Stern, für den es diesmal etwas Fantasie braucht. Vielleicht klappt er das nächste Jahr wieder. Diesmal gab's immerhin einen echten Lenk.
(Schwäbische Zeitung v. 30.04.07)
Da schau
her: "Ein braver Lenk"
Musik,
Secco und viele geladene Gäste: Meersburg hat am Samstag seine "Magische Säule"
von Peter Lenk an der Hafenmole enthüllt. "Ein braver Lenk im Vergleich zu
Konstanz und Überlingen", atmeten die meisten Zuschauer erleichtert auf.
So etwas hätte Meersburg auch nicht gut verkraftet, war zu hören.
Einige
Figuren waren bereits vorher zu erkennen, der größte Teil aber mit grünen
Planen verhüllt. Damen und Herren mit Sonnenhüten, Sektgläsern und Blätterteigcroissants
- geladene Gäste - umschritten bei strahlender Sommersonne die eindrucksvolle Säule.
Rätselraten und gespannte Erwartung im Publikum waren zu spüren. "Eine
wunderbare Atmosphäre" waren sich alle einig. "Ist hier noch ein
Platz frei?" - "Nein, da sitzt Frau Lenk." Die Plattform füllte
sich. Auf dem See kurvten Segelboote zwischen den Passagierschiffen, die für
den anschließenden Schiffs-Stern bereits vor dem Hafen dümpelten.
Ein
längeres Unterfangen war es für den Künstler und seine Gattin, mit Hilfe von
Leitern und Stangen die akribisch mit Schnüren befestigten Planen von den
Figuren zu entfernen - belohnt wurde es von mehr oder weniger lauten Rufen des
Publikums.
Die
nackte Wendelgard auf dem Traubenberg und die Widersacher in der Kugel bekamen
ein großes Ah, Freiherr von Laßberg auf dem Steckenpferd und die Droste-Hülshoff
als Möwe ein leiseres. "Ein Anziehungspunkt" sei die Säule auf jeden
Fall. "Die Säule passt gut hierher. Sie ist sehr dekorativ", meinten
andere. "Großartig!" - "Eine Bereicherung!", begeisterten
sich weitere Gäste. "Mir gefällt's ja nicht so, aber die Leute wollen
heutzutage so etwas sehen. Ich habe gehört die Droste dreht sich im Wind",
wusste ein anderer Meersburger Bürger.
Beleidigte
Leberwürste erwähnt
Bürgermeisterin
Sabine Becker hatte zuvor die Gäste begrüßt, die auch aus den Nachbarländern
und den Partnerstädten Meersburgs gekommen sind. Sie war sich sicher, dass die
Säule "ein Zeichen setzen wird in der historischen Stadt". Sie habe
das Projekt des Verschönerungs- und Fördervereins gerne unterstützt, zumal es
breite Zustimmung gefunden habe. "Wir sind noch nicht fertig", gab sie
zu bedenken. Es müsse noch Geld für die Gestaltung der umgebenden
Uferpromenaden gesammelt werden. Eine gute Idee fand Becker, dass der
Meersburger Winzerverein Weinetiketten mit der Lenk-Säule gestaltet hat, die
nun in den Verkauf kommen.
Für
den Verschönerungsverein sprach der neue Vorsitzende Rudolf Landwehr. Fünf
Jahre seien verstrichen zwischen der Idee und der Verwirklichung der Lenk-Säule.
Fördervereinsvorsitzender Michael Schülke hob hervor, dass das Projekt gesäumt
gewesen sei von "beleidigten Leberwürsten - in der Wirtschaft und in der
Politik". Peter Lenk sei kein Hofbildhauer, sondern ein Satiriker. Es habe
sich gezeigt, "wer unbedingt etwas Bestimmtes haben will, muss es Lenk nur
lauthals verbieten".
Mit
magischer Kraft hat die Säule die Schiffe der Vereinigten
Schifffahrtsunternehmen (SVU) zur Sternfahrt nach Meersburg angezogen. Kuno
Werner von der SVU sagte, das sei nicht nur ein Beitrag zum Event, sondern ein
besonderer Ehrenerweis für den Künstler Peter Lenk.
Flottensternfahrt: Zwischen
Wasser und Himmel
Die Flottensternfahrt wurde
am Samstag zu einem Fest für alle Sinne: Bei Traumwetter eilte die «Schaffhausen»
als Vertreterin der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) von Stein
am Rhein nach Meersburg. Unterwegs genossen die 90 Passagiere ein exzellentes
Mittagessen, die Veteranenmusik würzte musikalisch, und die Sonne schmeichelte
der Haut mit dem kühlen Fahrtwind um die Wette. An Bord übrigens auch drei
URh-Direktoren-Generationen: Die ehemaligen Direktoren Bruno Meier und Konrad
Eberle sowie der amtierende Walter Herrmann. Nach der Bummelpause im
historischen Meersburg und vor der Heimfahrt formierten sich die sechs Schiffe «Vorarlberg»,
«Stuttgart», «Graf
Zeppelin», «Schwaben», «St.
Gallen» und «Schaffhausen»
Bug an Bug zum traditionellen Flottenstern.
(Schaffhauser Nachrichten v. 30.04.07)