Alte Fähre bald auf
Ausflugskurs
Die vor 82 Jahren zwischen
Konstanz und Meersburg in Betrieb genommene erste Automobilfähre auf einem
Binnensee in Europa steht vor einem Neustart als Veranstaltungs- und
Ausflugsschiff. Der Verein „Rettet die Meersburg
ex Konstanz“, der sich der Sanierung des Schiffs angenommen hatte, will es
in wenigen Wochen vom bisherigen Reparaturplatz unter der neuen Rheinbrücke für
die Schlussarbeiten in den Hafen nach Staad schleppen lassen.
Dort soll der alte/neue Liegeplatz der früheren
Fähre sein. Auftakt des letzten Teils der Sanierungsarbeiten war der
Wiedereinbau der beiden überholten alten 90-PS-Diesel-Motoren. Mit einem Kran
wurden sie am Seerhein auf das alte Fährschiff gehoben.
Die alten Motoren allerdings sollen künftig
nur bei besonderen Oldtimerfahrten zum Einsatz kommen. Um heutigen
Umweltschutzrichtlinien gerecht zu werden, bekommt die Fähre neue Motoren mit
modernen Antrieben. Sie können nicht nur vorwärts und rückwärts Schub geben,
sondern erstmals auch seitwärts, erhöhen also die Manövrierfähigkeit der
alten Fähre. Nach Staad kommt das Schiff voraussichtlich noch nicht mit eigener
Motorkraft, sondern mit Hilfe eines Schleppboots. Bei der Verlegung der Fähre
ist ein wenig Eile geboten. Hat der See einen Wasserstand von 3,80 Metern
erreicht, kommt das Schiff nicht mehr unter der neuen Rheinbrücke hindurch.
Am historischen Fähreanleger in Staad, der
derzeit wieder aufgebaut wird, bekommt die Fähre ihren künftigen Platz. Von
dort aus soll sie für Ausflugs- und Eventfahrten in den See stechen. In Staad könnte
die Fähre sogar bis zu 15 Automobile aufnehmen, etwa Oldtimer für eine
Schaufahrt. Es gibt allerdings nur eine einzige Stelle am See, an dem die
Fahrzeuge die alte Fähre wieder verlassen können: Am alten Anleger. Die neuen
Brücken im Fährehafen passen nicht. Sie sind bis zu 3,50 Meter breiter als die
für den historischen Transporter. Für den Ein- und Ausstieg von Fußgängern
gebe es aber mehrere Anlegemöglichkeiten, sagt Stefan Ballier von den
Stadtwerken, unter deren Flagge das Schiff bald wieder fährt. Der Verein
„Rettet die Meersburg ex Konstanz“ rechnet im Sommer mit der Übergabe der Fähre.
Vereinsmitglieder feierten die Rückkehr der alten Motoren. „Für uns ist das ein Meilenstein und ein erhebender Moment“, sagt Rudolf Christiani, früherer zweiter Vorsitzender und Gründungsmitglied Nummer sieben. Er erinnert sich an die über 14 Jahre andauernden Sanierungsarbeiten, die mehrfach von Geldproblemen überschattet waren. „Wir waren oft am Ende des Geldes, aber wir waren immer überzeugt, dass wir es schaffen werden.“ Insgesamt flossen nach Schätzungen von Christiani aus öffentlichen und privaten Mitteln rund eine Millionen Euro in die Renovierung. Das sanierte Schiff und der alte Fähreanleger sind technische Denkmäler. Zusammen bilden sie bald ein Freiluftmuseum in Staad, nahe den modernen Anlegebrücken.
(Südkurier v. 07.04.10)