Das Motorschiff
  „Reichenau“ zählt sicher nicht zu den spektakulärsten Schiffen der
  deutschen Bodenseeflotte. Trotzdem hat das am 19. Juni 1961 in Dienst
  gestellte 250-Personen-Schiff innerhalb eines halben Jahrhunderts den Verkehr
  auf dem Untersee entscheidend mitgeprägt und gestaltet. 
  
  Die von der Bodanwerft in Kressbronn erbaute „Reichenau“ ersetzte ein kleineres
  Motorschiff gleichen Namens aus dem Jahre 1929, das nach seiner
  Ausmusterung auf den Wannsee nach Berlin verkauft wurde. Von Anfang an wurde
  die „Reichenau“ überwiegend zwischen Radolfzell, der „Pateninsel“
  Reichenau und Konstanz eingesetzt. Bis 1967 verkehrten die deutschen Schiffe
  noch bis nach Stein am Rhein, wo sich die „Reichenau“ durch ihre
  behagliche Inneneinrichtung einer besonderen Publikumsgunst erfreute. Im Frühjahr
  und im Herbst wurde das Schiff auch regelmäßig auf dem Überlingersee
  eingesetzt und leistete bis zur Einstellung des ganzjährigen Pendelverkehrs
  zwischen Konstanz und Meersburg im Jahre 1973 noch strengen Winterdienst.
  Zwischen 1952 und 1961 wurden von der Bodanwerft in Kressbronn eine ganze
  Reihe bauartgleicher Schiffe, vor allem für den Einsatz auf Fluss- und
  Kanalstrecken entwickelt und geliefert. Für Brückenpassagen bei höheren
  Wasserständen wurde deshalb auch die „Reichenau“ mit einem abnehmbaren
  Steuerhaus-Oberteil ausgerüstet.
  
  Erster Kapitän der „Reichenau“ war der inzwischen längst verstorbene
  Schiffsführer Heinrich Böhe, der neben seinen nautischen Kenntnissen auch
  als versierter Maschinist auf den damals noch verkehrenden Dampfschiffen
  seinen Dienst verrichtete. Mit Ausnahme der „Reichenau“, haben inzwischen
  fast alle Einheiten der damals noch bestehenden deutschen Unterseeflotte das
  Zeitliche gesegnet. Das aus dem Jahre 1936 stammende Motorschiff
  „Radolfzell“ wurde 1967 stillgelegt und verschrottet, ebenso wie die
  stattliche „Schienerberg“ aus
  dem Jahre 1930,  die von 1964 bis 1993 den Namen „Meersburg“ trug.
  Einzig und allein überlebte von dieser Flotte  das 1963 stillgelegte Motorschiff
  „Mettnau“,  das in Überlingen an Land gehoben wurde und der
  Segelschule Raschewsky als Schulungsraum dient.
  
  Nach der Verlegung des 1994 in Dienst gestellten Motorschiffes
  „Königin Katharina“ nach Lindau, blieb die „Reichenau“ das
  einzige Motorschiff der Bodensee-Schiffsbetriebe auf dem Untersee. Nachdem der
  Antriebsmotor mehrfach ausgewechselt wurde, erreicht das Schiff eine Höchstgeschwindigkeit
  bis zu 27 Stundenkilometern. Seit dem Jahre 2010 verkehrt das Schiff über die
  gesamte Saison ausschließlich zwischen Radolfzell, der Insel Reichenau und
  dem schweizerischen Ort Mannenbach.
(Karl F. Fritz/Bodensee-Schiffsbetriebe v. 19.06.11)