1000 Schiffe formieren sich für Kinder in Not

Aufatmen am Bodensee: Die Wetterprognosen für den 20. Mai werden immer besser, so dass das Organisationskomitee davon ausgeht, dass an diesem Sonntag mit Hilfe vieler Menschen aus dem Dreiländereck die längste Schiffsbrücke der Welt zu Gunsten von Kindern in Not gebaut werden kann.

An die Großzügigkeit der Schweizer vor 60 Jahren soll die Schiffsbrücke mit mehr als 1000 Schiffen und Booten erinnern, aber auch daran, dass noch heute unzählige Kinder in Not leben und Hilfe brauchen - das Motto des Vereins "Schweizer Kinder" - "Eine Brücke für Kinder in Not" - wird symbolisch umgesetzt.

Um 9.30 Uhr gibt es unter dem Titel "Brücke der Solidarität" einen ökumenischen Gottesdienst in St. Nikolaus in Friedrichshafen. Um 11 Uhr beginnt der Festakt an der "Schweizer Brücke" in der Zeppelinstadt. Politische Prominenz wird erwartet mit Staatsminister Gernot Erler, dem Vertreter des bundesdeutschen Außenministers, dem deutschen Botschafter in Bern, Andreas von Stechow, der baden-württembergischen Umweltministerin Tanja Gönner, Renate Bruggmann, Präsidentin des Großen Rats des Kantons Thurgau, Brigitte Häberli, Nationalrätin Kanton Thurgau, Gebhard Halder, Vorarlberger Landtagspräsident, Dr. Elmar Fischer, Bischof der Diözese Feldkirch sowie Regionalbischof Dr. Ernst Öffner, Vertreter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Ab 12.15 Uhr werden die 21 Brückenpfeilerschiffe, alle ausgestattet mit Radar und GPS, längsseits in Nord-Südrichtung zur Bildung der Hauptbrücke aufgestellt sein - jedes trägt beidseitig seine Nummer, so dass Clubs und Vereine die ihnen zugewiesenen "Lücken" mit Segel-, Motor- und Dampfbooten füllen können. Zu den Brückenpfeilerschiffen - sie stehen auf der Linie Seezeichen 41 (Friedrichshafen) bis 24 (Romanshorn) zählen die mittlerweile acht Kiesschiffe, die Musikkapellen an Bord haben und für Stimmung sorgen. Von 12.15 bis 15 Uhr müssen alle Schiffe und Boote auf der zugewiesenen Position sein. Dann nämlich fahren die beiden Festschiffe "Thurgau" und "Hohentwiel", begleitet von der "Austria" und Katamaran "Ferdinand", die Brücke langsam in Richtung Romanshorn ab. Iren Dornier überfliegt derweil mit seinem historischen Flugboot Do 24 die Brücke, wie auch der Zeppelin NT.- In der Seemitte angekommen - die Position wird durch die Autofähre "Euregia" signalisiert - bilden die Schiffe "Hohentwiel", "Thurgau", "Austria" und "Euregia" das Schweizer Kreuz, im Zentrum ist die Do 24. In einer spektakulären Aktion wird das Flugboot zuvor auf dem Bodensee wassern und dann seinen Platz in der Brücke einnehmen. Sobald das Schweizer Kreuz gebildet ist, werden auch die JU-52 und eine Do 27 mit von der Partie sein und die Brücke überfliegen. Um 14 Uhr wird das Schweizer Kreuz aufgelöst, die beiden Festschiffe und die "Austria" fahren entlang der Brücke langsam nach Romanshorn. Dort ist um 15 Uhr ein Festakt vorgesehen. Sobald dieser beginnt, wird die Brücke aufgelöst.

"Sonnig und schwach windig"

Das Organisationskomitee mit Reinhard E. Kloser, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Schifffahrt und Wasserfahrzeuge, Heinz Unglert, Leiter der Wasserschutzpolizei Friedrichshafen, Ludwig Gebhard, Leiter des Schifffahrtsamts des Bodenseekreises, Marion Berg, PR-Consulting, sowie Hildegard Nagler, Ideengeberin, Projektleiterin, Journalistin und stellvertretende Vorsitzende des Vereins "Schweizer Kinder", ist froh über die Prognose des Deutschen Wetterdienstes. Danach ist es am Sonntag freundlich, sonnig und schwach windig. Wäre das Wetter nicht so gut wie erwartet, würden nur die Brückenpfeiler- und andere seetüchtige Schiffe Position beziehen. Sollte es gar stürmen, müsste die Brücke abgesagt werden. Die beiden Festakte in Friedrichshafen und Romanshorn fänden aber auf jeden Fall statt.

Ab 7 Uhr gibt's am Sonntag, 20. Mai, via Radio und im Internet unter www.schweizer-kinder.de aktuelle Informationen zum "Brückenbau" auf dem Bodensee.

(Schwäbische Zeitung v. 19.05.07)

 

Menschen aus drei Ländern schlagen eine Brücke

Das Vorhaben ist weltweit einzigartig und schifffahrtstechnisch sowie logistisch eine Riesenherausforderung, zudem arbeiten drei Länder zusammen: Am Sonntag, 20. Mai, wird mit Hilfe vieler Menschen und vielen, vielen Booten sowie Fahrgastschiffen und Fähren eine elf Kilometer lange Brücke über den Bodensee geschlagen.

Gelebte Völkerverständigung abseits von allen Querelen um Atomkraft, Fluglärm und herbeigeredete Antipathien zwischen den Völkern am Bodensee - das sind für den Verein "Schweizer Kinder" und das Organisationskomitee nicht nur Schlagworte.

Der Hintergrund: Vor 60 Jahren haben die Schweizer Tausende von Kindern, zunächst aus dem österreichischen Vorarlberg, dann auch aus Deutschland in die Eidgenossenschaft eingeladen, sie verwöhnt und aufgepäppelt - viele dieser Kinder waren mangelernährt, krank und stammten aus großen Familien, bisweilen waren ihre Väter nicht aus dem Krieg zurückgekehrt. Noch heute sagen viele "Schweizer Kinder", die Zeit in der Eidgenossenschaft sei die schönste in ihrem Leben gewesen.

"Ich hatte das Glück, den letzten noch lebenden Geistlichen der Hilfsaktion ausfindig zu machen", sagt SZ-Redakteurin Hildegard Nagler: "Pfarrer Gantenbein, der die Kinder am Bodensee mit dem Schiff "Thurgau" abgeholt und wieder zurück gebracht hat, lebt heute in einer Seniorenresidenz in Winterthur. Auch mit dem französischen General Albert Merglen, der damals die deutschen Kinder hat ausreisen lassen, sind wir in Kontakt. Zudem gibt es noch Schweizer Gasteltern. Und: Immer mehr Menschen melden sich auch aus ganz Deutschland, Österreich, und weiter entfernten Ländern, die "Schweizer Kinder" sind."

Höhepunkt in der Seemitte

Um das Engagement der Schweizer zu würdigen und um gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass auch heute viele Kinder in Not leben und Hilfe brauchen, lädt der Verein "Schweizer Kinder", der Mädchen und Jungen in Not hilft, zum Brückenbau ein. Steht die Brücke - geplant ist sie von 12.15 bis 15 Uhr - wird sie der Zeppelin NT überfliegen. In der Mitte der Brücke wird ab 13.30 Uhr das Schweizer Kreuz mit vier Fahrgastschiffen gebildet. Herz ist das historische Flugboot Do 24, das zuvor über die Brücke fliegt. Auch die JU-52 und eine Do 27 haben sich angekündigt.

Das Schifffahrtsamt Bodenseekreis, die zuständige Genehmigungsbehörde, geht von der größten Ansammlung von Booten auf dem Bodensee aus, die es je gegeben hat. Das Projekt sorgt deshalb weit über die Region hinaus für Aufmerksamkeit - Radio 7 (UKW 102,5 MHz) berichtet live von der Schiffsbrücke.

Hilfe für Kinder im In- und Ausland

Den Verein "Schweizer Kinder" hat SZ-Redakteurin Hildegard Nagler 2003 gemeinsam mit "Schweizer Kindern" zur Vorstellung des Buches -"Das Wunder einer Reise - Die Schweizer Kinder und ihre Fahrt ins Märchenland", dessen Herausgeberin und Mitautorin sie ist, gegründet. Der Verein will die Idee der Schweizer, Kindern in Not zu helfen, weiter tragen und selbst helfen. Dem schließt sich das Organisationskomitee an. Das Vereinsmotto lautet "Eine Brücke für Kinder in Not" - deshalb auch die Idee von Hildegard Nagler, eine Schiffsbrücke über den Bodensee zu schlagen.

In den zurückliegenden Jahren hat der Verein viele Jungen und Mädchen im In- und Ausland unterstützt.

 

Schiffsbrücke wird als Symbol der Verbundenheit 
in Erinnerung bleiben"

Die Zahl sechs bringt Glück - das zumindest hoffen die sechs Mitglieder des Organisationsteams. Nachfolgend erklären sie, warum sie sich engagieren.

Hildegard Nagler, Projektleiterin und stellvertretende Vorsitzende Verein "Schweizer Kinder": "Die Not von Kindern darf niemanden kalt lassen. Ich habe auf vielen Reportagereisen in Kriegs- und Krisengebiete die Not von Mädchen und Jungen hautnah erlebt. Dass es auch hierzulande immer mehr Kindern nicht gut geht, berührt mich auch als zweifache Mutter. Umso mehr freut es mich, dass wir im Verein "Schweizer Kinder" diesen Mädchen und Jungen helfen können - und auch am Sonntag den Schweizern danke sagen können. Dass unser Organisationskomitee die Idee mit der Schiffsbrücke umsetzt, freut mich riesig."

Marion Berg, PR Consulting:"Für mich steht nicht die Schiffsbrücke im Vordergrund, sondern der Auslöser für dieses Vorhaben. Es gibt noch immer viele Kinder, die auf Hilfe angewiesen sind, auch in unserer Region. Seit Wochen arbeiten wir ehrenamtlich und mit Herzblut an der Umsetzung dieser einzigartigen Veranstaltung. Immer wieder stellen sich uns neue Herausforderungen, die wir im Team, mit Hilfe von Sponsoren, und der Unterstützung der Behörden lösen können. Es ist für mich etwas ganz Besonderes, bei einem Projekt dieser Größenordnung mitwirken zu dürfen. Jetzt können wir nur noch auf gutes Wetter hoffen, sodass wir am Sonntag den Schweizern symbolisch danke sagen können für deren Unterstützung vor 60 Jahren."

Reinhard E. Kloser, Senior-Kapitän der "Hohentwiel" und Sachverständiger für Schifffahrt und Wasserfahrzeuge: "Die Schiffsbrücke ist für mich eine richtige Herausforderung, die ich gerne annehme. Dass Kinder in Not die Nutznießer dieser Veranstaltung sind, freut mich besonders. Ich setze mich mit ganzer Kraft für dieses Projekt ein. Wir wollen zeigen, was eine kleine Gruppe zustande bringen kann, wenn sie gut zusammenarbeitet."

Heinz-Joachim Unglert, Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Wasserschutzpolizei-Station Friedrichshafen: "Die Idee der Schiffsbrücke ist eine Herausforderung, der man sich als Beamter der Wasserschutzpolizei und Freund der Schifffahrt einfach nicht entziehen kann. Zudem ist der Verein "Schweizer Kinder" jede Unterstützung wert. Einen Verein, der sich der Hilfe für Kinder in Not verschrieben und seine Wurzeln in unserer unmittelbaren heimatlichen Geschichte hat, muss man einfach unterstützen."

Ludwig Gebhard, Leiter Verkehrs- und Schifffahrtsamt Landratsamt Bodenseekreis: "Vor 60 Jahren haben uns unsere Schweizer Nachbarn in selbstloser Nächstenliebe eine unwahrscheinliche Freude gemacht. Von dieser unvergesslichen humanitären Hilfsaktion werden die Betroffenen und deren Angehörige ein Leben lang zehren. Als großes Dankeschön in der Gegenwart, als Erinnerung an die Vergangenheit und als Mahnung für die Zukunft soll dieses großartige Projekt verstanden werden. Ich bin mit meinen Kollegen vom Landratsamt sehr gerne dabei."

Max Brunner, Gemeindeammann Romanshorn: "Die ehemaligen Schweizer Kinder kommen wieder über den See, um für die vor langer Zeit erhaltene Hilfe zu danken. Die Wiedersehensfreude mit noch lebenden Gasteltern wird groß sein. Mit einem Festakt wird Romanshorn den Schweizer Kindern, den Gasteltern sowie den Ehrengästen einen herzlichen Empfang bereiten. Die Idee der Schiffsbrücke hat mich von Anfang an begeistert. Sie wird den Menschen als Symbol der Verbundenheit und der Zusammenarbeit in Erinnerung bleiben."

Regeln für Schiffs- und Bootsfahrer

- Teilnahme auf eigene Gefahr

- 12.15 Uhr soll die "Brücke" stehen, bis 15 Uhr halten

- Brückenpfeiler sind nummeriert und stehen auf der Linie Seezeichen 41 (FN) - 24 (Romanshorn)

- keine Boote östlich/ostwärts der Brückenpfeiler

- Sicherheitsabstände einhalten, mindestens 35 Meter Abstand von den Brückenpfeilern, Abstand vom Nachbarschiff (Schiffslänge)

- keinen schädlichen Sog oder Wellenschlag erzeugen

- Weisungen der See- und Wasserschutzpolizeien befolgen, auf Durchsagen achten

- Rundfunkdurchsagen (zum Beispiel Radio 7, UKW 102,5 MHz) beachten, hier auch Live-Infos

- Notfälle unter 0049 7541 - 2893-0 melden oder benachbartes Einsatzboot verständigen

- Kursschifffahrt / Fähren nicht behindern

 

(Schwäbische Zeitung v. 18.05.07)

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