Mit der „Wilhelm“
beginnt auf dem Bodensee eine neue Ära
Ganz Friedrichshafen war auf den Beinen, als
am 17.
Mit einer Probefahrt nach Langenargen startet
am 11. November 1824 für den Bodensee damit die Ära der Dampfschifffahrt.
„Gespannt blicken die Zuschauer auf das noch unbewegliche Schiff – da,
langsam fangen die Schaufelräder an, sich zu drehen und das Schiff dampft aus
dem Hafen hinaus in Richtung Langenargen“, schreibt ein Chronist. Trotz Sturm
und hoher Wellen folgt eine erste offizielle Fahrt der „Wilhelm“ über den
See nach Rorschach. Dort feiern die Rorschacher die Ankunft genauso wie die
Friedrichshafener die Jungfernfahrt über den Bodensee.
Die Dampfschifffahrt bringt gewaltige Veränderungen
am und auf dem See. Die Lastensegler sind passe´, der Handels- und
Passagierverkehr blüht auf und fördert das Wachsen der jungen württembergischen
Stadt Friedrichshafen. Die Eisenbahn befördert zusätzlich Ausflügler und
Sommerfrischler ans „Schwäbische Meer“. Deshalb nehmen die Badischen
Staatseisenbahnen mit der „Kaiser
Wilhelm“ 1871 erstmals einen Salondampfer in Betrieb und 1877 die Württemberger
den Salondampfer „Christoph“.
1874 wurden auf dem See bereits 28 deutsche, österreichische und schweizerische
Dampfer gezählt.
Von schweren Schiffsunglücken blieb die
Dampfschifffahrt in ihrer mehr als 100-jährigen Geschichte auf dem See
verschont. Einzig die „Zürich“
aus Romanshorn war gleich in drei Unfälle verwickelt. 1860 kollidierte sie vor
Friedrichshafen mit der „Königin
von Württemberg“, 1861 rammte sie das bayerische Dampfboot
„Ludwig“, weil der Kapitän der „Ludwig“ ihr Topplicht für die
Rorschacher Hafeneinfahrt gehalten hatte. Die 13 Personen an Bord der
„Ludwig“ ertranken. 1864 stieß die „Zürich“ noch mit der „Jura“
zusammen, konnte aber Mannschaft und Passagiere vom sinkenden Schiff retten.
Eine Neuheit in der Dampfschifffahrt stellten
die Schleppschiffe dar: Trajektkähne mit oder ohne Antrieb zur Beförderung von
Eisenbahnwaggons. So eröffnete die schweizerische Nordostbahn gemeinsam mit den
württembergischen Staatsbahnen 1869 die erste Trajektroute zwischen Romanshorn
und Friedrichshafen, die erst 1976 aufgegeben wurde. Seit dieser Zeit übernehmen
Fährschiffe der Bodensee-Schiffsbetriebe und der Schweizerischen
Schifffahrtsgesellschaft die Personen –und Fahrzeugbeförderung zwischen
Friedrichshafen und Romanshorn.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden fast alle
Bodenseeschiffe, die die Namen der Herrscher oder der Königshäuser trugen,
umgetauft und die Königskronen aus den Radkästen gebrochen. Während des
Zweiten Weltkriegs war der Schiffsverkehr eingeschränkt und ab 1940 zwischen
dem deutschen und schweizerischen Ufer ganz eingestellt. Die „Königin
Charlotte“ diente zusammen mit dem Fährschiff
„Schussen“ und mehreren Trajektkähnen als Basis für eine Flakbatterie
vor Friedrichshafen und wurde bei einem Bombenangriff beschädigt. Die „Friedrichshafen“
brannte in der Werft völlig aus, die „Württemberg“
versank im Hafenbecken.
In den 1950er Jahren ging das Zeitalter der
Dampfschifffahrt auf dem Bodensee langsam aber sicher zu Ende. Nach und nach
wurden alle Passagierdampfer außer Dienst gestellt. Gleichzeitig nahmen die
Schifffahrtsgesellschaften neue Großmotorschiffe in Betrieb.
Das schönste Relikt aus der Ära der
Dampfschiffe ist wohl die „Hohentwiel“,
die seit Mai 1990 wieder auf dem Bodensee kreuzt. Der Salondampfer, 1913 in
Dienst gestellt, diente wegen seiner prunkvollen Einrichtung besonders für Repräsentationsfahrten
des württembergischen Königshauses. Zwischen 1986 bis 1990 wieder in mühevoller
Arbeit originalgetreu instand gesetzt, besticht es durch seine luxuriöse
Ausstattung. Heute gilt das stolze Schiff in seinem alten, neuen Glanz als das
am besten restaurierte Dampfschiff Europas.
Quellen: „Schifffahrt am Bodensee“,
Herausgeber: Vorarlberger Landesmuseum, „Friedrichshafener Jahrbuch für
Geschichte und Kultur Band 7“, Herausgeber: Jürgen Oellers, Stadtarchiv
Friedrichshafen, „Geschichten aus Buchhorn und Friedrichshafen Band 2“,
Herausgeber: Stadt Friedrichshafen, „Bodensee-Magazin“, Herausgeber: Labhard
Medien GmbH
(Volker Geiling/Südkurier v. 20.09.11)